Gerald Koll

Das fünfzigste Jahr (197)

5. Mai 2016, ein Donnerstag (Christi Himmelfahrt)

Kurz nach der Rückreise träumte ich, ich fliege zusammen mit Schwester U. in einem Gefährt einer klüftigen Felswand entgegen. Es sah schon ganz danach aus, als müssten wir zerschellen, als ich eine höhlenartige Ausbuchtung entdeckte und genau darauf zusteuerte. Die Höhle ging über in eine Art Natur-Kamin, durch den wir denn auch steil aufwärts stiegen. Die simple Surrealität war so verräterisch, dass ich noch im Flug merkte, dass es sich um einen Traum handeln müsse.

Entsetzlich: Am Dienstag war der Junggesellenabschied von T. Ein völlig aus dem Ruder gelaufener Bräutigam nutzte das pflichtschuldige Wohlwollen seiner Gäste schamlos damit aus, sie mit einer Kette von Episoden (wenn’s wenigstens Eskapaden gewesen wären) seines Lebens und Liebeslebens zu erwürgen. Was für eine egomane Verzweiflungstat, was für eine Panikattacke im Angesicht der Eheschließung. Oder einfach nur stupide egoman und hilflos-konservativ. Oder war das nur ich, der das so wahrnahm? Allerseits nahmen wir Zuflucht in andauerndes Gläserheben und Hochlebenlassen (ein Wetttrinken gegen die Ausnüchterung beim Zuhören, aber es war einfach nichts zu machen), ich suchte Deckung hinter ironischen Einwürfen, um später, wenn der Schöpfer mich als Mitläufer T.s zur Rede stellt, mich auf die Widerstandsklausel zu berufen. Traurig.

5. Mai 2017 07:12