Mathias Jeschke

Emberiza citrinella

Die Goldammer kommt übers weizenblonde
Feld, das glänzt wie das hochsommerliche
Haar einer lang Verflossenen, die plötzlich
daliegt, als sei die Zeit ein Nichts und dieser
Weg zur Arbeit ein Steg aus warmem Holz.

Sie installiert sich selbst in einem Busch als
Leuchte der Beteuerung: Wie, wie, wie hab
ich dich lieb! Und richtet ihren Strahl auf dein
Gedächtnis. Es kracht in den Synapsen und
Erloschenes kommt unverhofft zum Vorschein.

Du ziehst dir die Sandalen aus und sprichst:
Hier bin ich. Es umfängt dich dieser Sommer
mit feuchter Erde, mit Honig verheißendem
Klee und einer Idee vom zügellosen Leben,
das nackt in die sirrenden Nächte hinausläuft.

Fang dich, die Goldammerlampe erhellt dein
Gesehne, Verlangen, sie scheint dir zur Zier.
Nicht wie ein brennender Dornbusch, doch
wie in der Kapelle das ewige Licht den Raum
erfüllt als Herz und Kern und Gnadensame.

16. Juli 2014 20:28