Andreas H. Drescher

NASENSCHEIDEWAND

(NARVA / ESTLAND)

Es fügte sich 2004, dass meine Nasenscheidewand nach Estland versetzt war. Weit in den Osten verschoben, in das Gebiet von Narva. Dort roch ich schon die Oligarchen und die Sehnsucht nach der alten Zeit. Gern hätte ich in eine andere Richtung geschnuppert. Zum Beispiel in Richtung der Theaterluft von Tartu. Zu meinem Unglück wehte der Wind aber von ganz woanders her. Am Ende erschnüffelte ich sogar die kalte Wut auf meine Importschwemme. So rohölhaft stank es herüber, dass es zum Heulen war.

Vor lauter Verdruss rief ich mich selbst zum Nationalpark Lahemaa aus. Aber auch das hob meine Nasenscheidewand nicht auf.

Am Ende zog ich schließlich sogar in Erwägung, meine alten Rohölstinker doch noch mit dem Wahlrecht zu beglücken.

(Zuerst veröffentlicht in „Euroscopie“ mit Ulla Vigneron (†) 2007.)

9. März 2022 08:44