Tihomir Popovic

il sole

über den kuppeln
badet der scharlachrote
wirbel muskulöser pauker
im möwengeschrei

die tauben säen
deine blicke in die pfützen
mit dem scirocco
fliegen sie auf

(Aus dem Zyklus venedig)

6. September 2022 18:34










Markus Stegmann

Silver Sunset

3. September 2022 20:27










Thorsten Krämer

Contre-jour III

Ich will auch gar nicht ins Detail gehen, das hat so
was Obszönes. Wird alles weggelasert, Staub und
Dreck und was so anfällt. Die Abstraktion
ist eine Vetternwirtschaft, ich unterschreibe
keine Wechsel mehr.

Ich bin das Gegenteil vom Fluchtpunkt, ich stehe
gerne hier rum. Die Welt ist alles, was meine
Augen bedeckt. Das Gegenlicht ist an
und für mich.

3. September 2022 07:46










Mirko Bonné

Où es-tu, Raoul?

— Où es-tu, Raoul? (2022)

*

1. September 2022 09:32










Christian Lorenz Müller

FERNSEHBILDER AUS DEM DONBASS

(Junge Soldaten, in einem zerbeulten Kleinbus
auf dem Weg zur Front)

Von der Schulbank direkt in den Schacht,
sie atmen das Dunkel,
flüstern sich durch eine Finsternis,
in der sie nur das Augenweiß
der anderen sehen,
weit aufgerissene Angst,
sie klammern sich an die Kalaschnikows,
an die Presslufthämmer,
die sie in das Dunkel stoßen,
tiefer dringen sie vor, ihre vollen Loren
rattern durch den nächtigen Flöz,
sie tun ihre Arbeit,
sie gebrauchen das Werkzeug,
das der kalte Gott aus dem Ural
für sie schuf, ihr fühlloser
finsterer Finger am Abzug,
in tieferen Schlünden,
in schwärzeren Stunden.

Sie steigen nach Wochen, nach Jahren
zurück an den Tag,
sehen die vollen Loren
über Abraumhalden rollen
mitten im Sonnenlicht.

 

29. August 2022 08:17










Tihomir Popovic

die agaven größer als ich
sehniger als venedigs söldner
sanfter als mutters kleid

sie beschützen mich
füttern mich stumm
mit feigen und brot

in ihrem schatten
das kleine meer
von larimar

in ihrem saft
sitze ich
warte

28. August 2022 16:51










Markus Stegmann

Vielleicht

Beschreibe ich
den Rand der Welt
mit einem Traktor geduldig in
derselben Rille morgens
und abends folge ich
den verwachsenen Pfaden
warum vergass ich als ich
dem Bild der Gegend und
der Malerei des Meeres folgte
Feld für Feld stur umrundete
warum fragmentieren sich
Zikaden Wollgras der wilde
Hafer vibriert im salzigen
Wind da bin ich fort
schon dort wo die matte
Lagune mit erschöpften
Rändern tintenschwarze
Tümpel trinkt um nicht zu
versinken suche ich
sandigeres Terrain weiter
draussen zieht ein Zug
eine silberne Linie am Himmel
legen sich Pfauen
auf unsere rauen
Lippen zücken
Flamingos silberne Säbel
hinter unseren Rücken
wispern weshalb
vielleicht
und vielleicht
weshalb nicht

27. August 2022 21:28










Thorsten Krämer

Contre-jour II

Ich kann leider nur Konturen, das muss ein
Geburtsfehler sein. Ich kompensiere das mit
makellosem Stellungsspiel. Auf Dauer allerdings
macht sich die Flächigkeit bemerkbar, ich fülle
Inhalte mit der Pipette.

Das hier ist auch so ein Inhalt, weiß der
Himmel, wo der herkommt. Die Langsamkeit
des Blicks dagegen ist dem Sonnenstand
geschuldet.

27. August 2022 15:38










Mirko Bonné

Ertrunken in Banon

— Ertrunken in Banon (2022)

*

26. August 2022 14:31










Björn Kiehne

Abendgebet

Tretet ein ihr Stillen,
streicht den Wind mir aus
der Stirn und das Raunen
der Zeit aus den Händen.

Ich will euch glauben,
es ist schon alles gut,
du musst nichts tun,
kannst jetzt loslassen.

Tretet ein ihr Stillen,
leert das Gefäß der Nacht,
tragt mich über die Grenzen,
gebt bitte gut auf uns acht.

20. August 2022 21:48