Hartmut Abendschein

8. Mai 2010 08:31










Nikolai Vogel

Auf dem Rad durch den Park im Regen

frühmorgens, kaum ein Mensch, der ganze Englische Garten atmet Bärlauch, als habe er vortags im Pesto geschwelgt, eine Schafherde, zusammengedrängt unter einem alten Baum, der furchige Stamm ein Bild der Zeit, raumgreifend, als teste sie eine neue Welt, eine Ente auf Asphalt – und watschelt zurück, die Wiese ist besser – und der Bach erst!

8. Mai 2010 00:23










Gerald Koll

Mutter und Sohn

Hintergrund: Carl Gustav Carus, Verschneiter Wald, 1823.

7. Mai 2010 15:49










Gerald Koll

Vater und Töchter

Hintergrund: Carl Gustav Carus, Baumstudie, 1826.

6. Mai 2010 15:27










Marjana Gaponenko

Daschkowa

(die Verbannte)

Wann war das, Daschkowa?
Du hast einen Degen geschwenkt
im Namen der Zarin,
die deinen nicht mit einem
Wort erwähnte,
bevor sie tanzend in die Erde sank,
den St. Andreas Orden
von der Grande Parure abreißend.

In deiner Equipage,
überzogen mit Samt,
wärmst du eine Tasse:
Goldrand, Blumenrelief,
ein Wunder aus Meißen.

Du bist die Frau, die eisern
ihren Tee trinkt bei voller Fahrt,
und wenn es sein muss,
wirst du Teeblätter kauen.
Du überlebtest alle deiner Zeit;
sie selbst sitzt neben dir
ein Luftzug, der zu ziehen vergisst.

Wärme die Tasse, Daschkowa,
wärme sie gut!
Als ginge es um etwas
Größeres als die Erlösung.
Schau auf den Kutscher –
er rutscht seit Jahren vom Bock
und kann gar nicht fallen.

5. Mai 2010 21:36










Sünje Lewejohann

mein bett steht unter seichten straßen

tief in der erde wachsen mir haare die anker werfen
und hände zwanzig
für jede bewegung eine
treiben fühler aus den fingern treiben
durch das erdreich weite wege den untergrund
der stadt ertasten erkennen löwenzahn und randbepflanzung
baumwurzeln umschlingen mir die graue haut atme ich
staub dreck erdinneres meine lungen werden schwer
ein sack kartoffeln daraus treibt es
kommt licht durch die abwasserrohre
fällt etwas ein das augenweiß wird grau dann braun
staub rieselt aus allen poren
unter der erde kann ich schlängeln die beine winden
die füße schlagen die lippen schieben erde vor sich her
endlich still die zunge belegt die mundhöhle weit voll erde
darauf beißen die zähne
mit dem kopf voran stückchen für stück
aus den pupillen verschwindet die sicht es ist ein schlichtes dunkel
grau und weich wie schlaf.

3. Mai 2010 19:20










Sylvia Geist

Tree of Life*

*Touristenattraktion in Bahrain

30. April 2010 12:02










Mirko Bonné

Manfred von Bayeux

Oder Marne. Zwei-Jahre-jünger-
Bruder, fröhlicher Massengrab-
Manfred, Wehrdienstverweigerer-
motiv gefallener Großonkel u. v. a.
Elementarteil der Familienerzählung.
Schwarzer Engel der Westfront,
der schussartig in seine Schwester fuhr.
Käti, du redest wie Manni, Käti,
du bist aber leider nicht Manni.

Manni von Bayeux oder Marne.
Entre les lignes des tombeaux,
Käte auf Kriegsgräberfahrt.
Mon frère. Zwei Jahre jünger.
Im Setrabus mit Raketenschnauze
ein Klima, wie ich mir vorstellen kann,
viel Ewiggestrige, Gottchen,
die ganzen jungen Leute ansehen,
Totenfotos vom Blitzkriech.

*

Album (7), 1999

*

26. April 2010 22:55










Sünje Lewejohann

der fuchs

gib mir von den schönen roten äpfeln
zum dank wird dir ein drittes auge wachsen
um das dich alle beineiden
du goldgesicht mein fuchs
hab all die narben von deinen zähnen
weiße gebogene linien kleine
bäche fast was liebte ich dich
drängte ich mich an deinen pelz und
harrte wochenlang am waldrand
aus ich bete sage an all den tagen nur das eine wort das amen
vor dem essen auf der bank in der sonne karierte decke
glattgestrichen so
eben die gesänge hören die felder gefrorene erde
ich gehe und gehe kein laut nur feine linien
eine ader fast gerissen
huhn und kralle das alles halte ich an
meine ausgekühlten lippen.

23. April 2010 08:33










Andreas H. Drescher

TEXT-DIALOGE EXTERN I

LANDSCAPE (Björn Kuhligk)

Hier ist es still, am Morgen hinterließ
der kopflose Hahn des Dorfidioten
einen Kreis hellen Blutes in dieser
verschneiten Dezembergegenwart
sagte der Idiot, ach, diese Pracht muß
ein Abgrund sein, und ging mit seiner
kirchturmlangen Neurose über den Marktplatz
daß es einem leid tun konnte, singen
die Gymnasiasten im Radio Ich möchte so gern
am Fließband stehn, und alles, alles
fließt so schön
, in der Kneipe der Pfarrer
der Lehrer und der, dem der Rest gehört
trinken Sauwein aus Haßdorf und Dekaden
später kippt das Licht am Horizont hinab

A 620 I (A.H. Drescher)

Das Dröhnen hier
hört keiner mehr

Wenn ich mein Haus
loswerde flattert es

so ohne Kopf noch ein
mal auf und gibt sich der

art klug wie nie vor
her vor einem Eimer

22. April 2010 19:03