Andreas H. Drescher

STUDIENBEGINN

Ich treibe durch die Stadt. Eiliger durch unbegangene Straßen. Südstadt. Hier gelingt das Schlendern wieder. Dann ist die Aufgabe da, die Passanten gründlich anzusehen. Das ruft Unmut auf. Niemand will sich im Blick des allein Gehenden finden. So verlege ich meine Aufgabe ins Akustische und werde zum Heraldiker der abgerissenen Gesprächsfahnen, die an mir vorüberwehen. Breiter werde ich im Sammeln. Blasonierungen. Ein Bär greift von einem Greifen seinen Krummstab ab. Kugeln ohne Tinkturen. Löwe und Maulwurf tauschen einen Wulst aus. Schuppenschnitt, Wellenschnitt, Dornenschnitt. Aus ihren Schraffierungen treten Figuren. Die Wappen der Damen haben Rautenform. Nacht tüpfelt sie mit kleinen, schwarzen Punkten. Der Austausch von sechszackigen Sternen gegen drei Schindeln. Meine Freude an dieser Sammlung steigert sich bis zur heraldischen Benommenheit. Ich sehe mir beim Taumeln zu. Und ich bin nicht der einzige, der mir dabei zusieht. So verlasse ich das Große Quartier, bin mir nun selbst als eine Figur besät. Taumel als Schräggitter. Offene Netze. Wer mich ansieht, hält mich für betrunken. Die Verkleinerungsform des Umzugs ist die innere Einfassung. Trockene Blätter unter meinen Füßen. Die früheste Position des Heraldikers war hoch aufgerichtet, mit nur einer Pfote am Boden. Flanken sind die Seiten des Schildes, die abgetrennt sind. Kauerndes Tier. Mitren und Pfeile. Der Schlachtruf dekorativ über der Helmzier. Ein Renault. Ein Renault als Renault. In die Kneipen hier werden zum Herbstfest die trockenen Blätter eingekehrt. Knisternd hinterdrein. Um der inneren die äußere Betrunkenheit hinzuzufügen. Die sichere Aufmerksamkeit der schwarzen Punkte.
Nacht.

(Für Thorsten)

7. November 2009 10:29