Björn Kiehne
Touristen und Kamele
Die Stadt als Meer, gelbe
Steinwellen, die von der Wüste
aus aufeinander zu rollen, um
im Spalt des Nils zu verschwinden.
Am Dünenrand die Pyramiden, Trittsteine
in der Zeit, umschwärmt von Kameltreibern,
Führern, Händlern – die toten Könige
ernähren noch immer ihre Kinder.
Eine Touristin lamentiert: Schade, dass
alles so kaputt ist, während sie nervös
versucht, einen räudigen Hund weg-
zustoßen, der an ihrer Tasche schnuppert.
Bist du das Cheops? Ein Tier heut, so hungrig
wie einst deine Sklaven, verdammt dazu,
deine einstige Größe zu bestaunen, ohne
etwas im Magen zu haben?
Und während in Kairo, ein Muezzin die
Tauben aufscheucht, beobachtet Cheops
wie ein Tourist versucht, mit dem falschen
Bein zuerst aufs Kamel zu kommen.
Er jault, blickt auf die Stadt, den Fluß,
die Wüste, lässt den Wind durch sein Fell
gehen, und fragt sich: Wer ist hier dümmer,
die Touristen oder die Kamele?
El Giza