Martin Piekar

KomainVers

Flüchtlingsheime sind leichtentzündlich
Wenn wir sie weiterglimmen lassen
In direkter Demokratur besorgter Bürger
Wie ich da nur schreiben kann? Ich fühle mich
Als totes Gewicht auf den Tasten
Ich kann mich nicht alle zwei Tage
Ins Koma saufen
Wut und Gedichte sind nicht kompensierbar

ISIS und AfD polieren die Hirnklinke
Irgendwann vertausch ich die beiden noch
Teilzeitbelagerung – ein Tropfen
Auf der heißen Tastatur
Meinen Mittelfingern juckts
Wut und Hassprediger sind nicht kompostierbar
Liebe Dichter*innen, ich brauche Hilfe
Wie schreibt man
Gegen einen Brandanschlag an?
Denn die Welt ist zu groß
Um allen auf die Fresse zu haun

#meinenMittelfingernjuckts
Aber bloß nicht aus Verzweiflung anfangen
Mit Utopien rumzumachen
Entschuldigung, entschuldigung, ich werde
Kein zähneknirschendes Buffering bleiben.

28. März 2016 09:04










Martin Piekar

Bukowskis Pfand

I

Stell die Flasche bitte neben den Mülleimer, sagt
Ein Du zu dem dusseligen Ich, welches Gepfändetes
Gerne städtisch zurücklässt. Aber Erinnerungen an
Die Schwere des Leerguts. Aber Leere v/erträgt mein

Gemüt nicht. Das Getränk, getrunken ist für mich alles,
Was zählt. Aber jede Flasche zahlt. So lind, so zerdrücklich
Als Existenzgrundlage. Plastik packt sich. Beutelwärts
Und in Geldkatzen; die Person wird Leergut. Bukowski

Würde auch Flaschensammeln sagst du, dann Hartz IV,
Dann PET-Bier, dann Wettbüro, Pferde natürlich, sage ich,
Ein Auf und Ab, ein Auf und Ab geben, gehen, heben, wenn
Ich nur eine Minute in Ffm stillstehe, sehe ich sie. Wenn.

II

Stellt die Dosen bitte neben den Mülleimer, sagt ein
Hosenanzug zu Schulranzen. Aber das nennen wir nicht
Arbeit: schwere Bücher, Pausenbrot, Energydrinks.
Wieso haben wir keinen Platz für Leere? Eine Gruppe

Wird weitergeleitet. Eine andere: Pfandgut, gestrandet.
Vielleicht bringt sie ihnen nicht nur Sozialverhalten
Bei, sondern lehrt ihnen in Zukunft zu jagen. Die
Pfandflasche das Beutetier des 21. Jahrhunderts.

Mir wird klar, dass vor mir auf grauer Betonplatte ein Rudel
Dezembers angesiedelt und bereit jedwede Wiederholung
Einzupfänden. Ein Weihnachtsgeschenk rein
Aus Verpackungen collagiert. Wenn man sich um Inhalt

Einen Dreck schert, sich aufs Umtauschen freut und
Einen Rutsch ins Neue macht. Gesell mein Ex-Wasser
Dazu. Bukowski könnte daraus sicher Bier machen.
Gleich kümmert sich jemand. Pfändet die Pirsch. Gleich.

III

Stell die Pfandflasche neben den Mülleimer, Man! Sage
Ich und das dusselige Du schaut mich verdutzt an. Stell
Sie einfach nebendran! Nicht rein. Ich schnaufe dich
Besoffen an und im Hinblick auf den Main willst du

Kontern, was Umweltverschmutzung sei. Nach ein
Paar von Bukowskis Drinks sage ich dir, dass du ihn nicht
Lesen kannst, um zu kompensieren, dass du ihn nicht
Leben kannst. Weißt du, wer Pfandflaschen sammelt,

Kann sich nur die Großstadt leisten. Pfandtoursimus.
An Spieltagen sind Züge Beutezüge. Eintracht als
Gewerkschaft des Mehrwegkollektivs. Es geht nicht
Ums Karma. Es geht um uns. Als wir aufstehen und

Vom Main hin weggehen, singt Straßenchor Kyrie
Duweißtschon. Ich weiß nicht. Die PET meldet wie
Eine Bushalte. Ein Greifarmspiel in Mülleimern. Das
Gefühl zum Gewühl in Abfall oder in Vermögen. Alles

Sammeln hat Route. Routine das kommt von Route. Ein
Soundtrack in G-Duld: Das Abgraben der Mülltonnen per
Radar. Jetzt stell dir etwas noch viel Ekelhafteres vor:
Dabei zuzusehn wie ein fremder Mensch es tut. Jetzt.


7. Oktober 2015 10:26










Martin Piekar

Zutaten: Final Destination Club, Frankfurt am Main, Cocktailbar, lange Happy Hour

Küss mir Sour. meine ab-
Gebrannten Whiskeylippen.
Sie sind spröde, wie Ruinen
Spröde. nächtelang entgangen.
Sie platzen auf, als wäre Fieber
Drunter. Vorsichtig greif ich die Strohhalme
Deiner Hand – sie halten mich wirklich
Von sich aus. woher zeigen deine
Mundwinkel so angetrunken?
Der Kompass der Witze
Ist erschöpft. ohne uns.
Von dir. das Streicheln meines Rückens
Ist ein Code. die Seiten stechen
Minenhaft, wenn deine Finger-
Kuppen auf mir eruptieren. bist du
die Anlaufstelle meiner Zungen-
Sorgen? mit uns beiden geraten
Die Barhocker ins Straucheln.
Schmeckst du Sour oder geflockt
Meine Angst? warte.
So marode kann ich nicht sein.
Ich brauche noch
Bis du dein Strumpfband bleckst.

20. März 2014 22:31










Martin Piekar

wie Distanzen Welken

– zu: Sternennacht, Öl auf Leinwand, Vincent van Gogh, 1889

Die Nacht mäandert als Schal
Um den Firnis des Mondes
Paar Sterne schnuppern hinaus
In die Welt sie schneiden
Mein Sichtfeld sieben mich

Aus letzten Lichtstrahlen wellen sich
Funken sie quellen und ballen sich
In der Stadt Schwaden von Watt
Zerlichten die Milchstraße
Ich verschlucke mich am Weltraum

Zwischen Düsternis und
Zypressen ist keine Hoffnung
Den Anfang wieder zu finden
Spür in meinem Denken schon
Die Erdfortziehungskraft

7. Februar 2014 15:56










Martin Piekar

dass es abstrakter ist, wenn ich
vom Ficken spreche, weißt nur du

es ist ein geschollener Traum
zwischen uns

mit Widerhaken häkeln wir in Emotionen
und widersprechen Epikur

so ein bisschen punkromantisch
die panchromatische Frankfurternacht

stellt die Zeit aufs Abstellgleis
und uns die Weichen, frivol und sorglos

zu entgleisen in Nebengassen
Schattengraffito tätowiert

die kredenzen uns ein Pendelschwingen
von Ideen, bis wir vom Grat der Straßenwoge

in den Morgen schlingern
ich wünschte Caravaggio könnte uns so malen

nein, nur er, nachts vertanzt besoffen
hey – hey du, deine Träume

wandern wie Spinnen ausm Kopf
durch dein wehendes Haar als Schraffur

20. September 2013 14:34