Julia Trompeter
Ernie, Etna, Emma, Jane
alle essen Birnen gern
Monsieur, Madame, Fernand, Mathieu
alle sagen mal Adieu
Veranstaltung, Geschenk, Betragen
sorgen oft für Unbehagen
Ernte, Kippe, Schmierpapier
davon leben viele hier
Schaufenster und Untertassen
hiervon kann ein Schelm nicht lassen
Rente, Ente, Tellerwäscher
reimt sich da schon deutlich schlechter
7. Oktober 2022 21:28
Julia Trompeter
Ich hatte früher einiges im Kopf
Windungen aller Art
Schrauben und Drehungen
Sturm und Sterne
Im Traum finde ich ein verborgenes Zimmer
im Haus meiner Eltern
den glücklich machenden Raum
Wenn ich meine Gedanken durchforste
wie der Gärtner, der Mörder
vermisse ich Zutritt
An seiner Tür hängt heute ein Schild
„gesperrt: zuflucht verboten“
Habe den Schlüssel
im Neocortex verloren
bin ausgesperrt
Habe nicht aufgepasst
als Wind einsetzte
und die Tür zufiel
25. Mai 2021 09:35
Julia Trompeter
gelinde gesagt und gelinde gefragt
und gelinde gepoppt und gelinde gefoppt
und gelinde gemeint und gelinde verneint
und gelinde versprochen und gelinde gebrochen
und gelinde entfacht und gelinde verlacht
und gelinde gebogen und gelinde belogen
und gelinde geliebt und gelinde besiegt
22. Januar 2021 12:49
Julia Trompeter
Kleine Sümphonie
Wenige brauchen oft länger
und mehr sind mehr als genug um die Zeit
endlos zu dehnen
Und ich denke bei Nacht
an die Vielen, die langsam
ergrauen in Dunkelheit
Endlos nehmen die meisten sich Zeit
und alle zusammen
sind die Unendlichkeit
9. Januar 2021 21:09
Julia Trompeter
Niemand ist trauriger als ich.
Ich seh das Blau hinter den Wolken nicht.
Sitz im Stuhl fest eingebaut, ein Getriebe, das schweigt.
Meine Not ist ein Hund, ausgesetzt bei Mauerfall auf der falschen Seite der Welt.
Mittwochs esse ich einen Pfirsich, der nach Liebe schmeckt, doch nicht für mich.
Donnerstags denke ich an Freitag und immer so fort.
Niemand ist trauriger als ich.
In einem Kapsperlspiel bin ich das Kasperl.
Der Stuhl dreht sich zur Erde ein.
Mein Hund streift willenlos umher, umkreist die Stadt.
Samstags ruhen die einen, sonntags die anderen.
Ich ruhe nie, sondern schlafe einen einsamen Schlaf.
Niemand ist trauriger als ich.
Niemand sieht das Blau hinter den Wolken nicht.
Und steckt im Stuhl, fest eingebaut.
Niemand sucht seinen Hund nicht.
Niemand will mittwochs Pfirsiche, niemand.
In einem Kasperlspiel ist niemand das Kasperl.
Der Stuhl, ach ja, der Stuhl.
Kasperl ruht nie, sondern schläft einen einsamen Schlaf.
Niemand ist trauriger als Kasperl.
Und niemand ist trauriger als ich.
27. November 2020 13:56
Julia Trompeter
Hände im Laub,
geschmückte Gesichter,
Laternenlicht.
Haben Sie den Aushang beachtet?
Bis auf weiteres dicht hier.
Niemand weiß so genau, aber.
Die guten Geister im Schnee,
ach so Schnee, ich dachte Laub?
Dieses Laub, es ist ebenfalls da.
Wir lagern das ein.
Die Stühle zurückgestellt.
So lang kein Gedicht geschrieben,
vergessen haben, wie die Zeilen fielen.
Ab morgen ist hier zu.
Wie die Wörter in den Schnee sanken,
überall Buchstaben,
deine vier und meine vier
im Schnee. Im Laub.
Im Blütenstaub von gestern.
19. November 2020 16:46
Julia Trompeter
Vom Gebrauch eines Halms
Von langer Hand geplant der Mutter Erde dürr
seine Sprossen an der Wand zarte Fäden
duldsam ist kein gutes Wort hier nein
vor das Gesicht zu ziehen von Menschen
eine Krücke den ganz kleinen Käfern
ein Wedel ein Staub ein Krumen
seine Fäden den Spinnen ein Mast
und Trost im Herbst früher Abend
gesponnenes Gold der Marie
ein Sporn im großen Getriebe
das kann und das will das muss nicht
das ist nur ein Wunder ein kleines Gut
2. November 2020 14:41
Julia Trompeter
Katz und Hund am Frühstückstisch:
wohin ist die blaue Tasse entwischt?
Das Radio spielt keine Rolle, ist echt —
mit allen Fake-News hat es Recht,
objekthaft in der Küchennische.
Sie umfassen einander, liebestief,
ein hellbunter Vogel macht piep
und denkt, er sei eine Ente.
Falsche Ordnung, kind-crossing
früh am Morgen, zwanzig nach sechs.
Wo ist der Garten — mit Rutschbahn
hinunter vom vierten Stock?
Wo ist der Rosenstrauch,
der zum Aufklappen? Ja, o ja:
den brauchen sie auch.
6. März 2020 09:03
Julia Trompeter
Einem gleicht er wohl.
Wem gleicht er, fragst du.
Wem wohl, dem, der fragt
gleicht er, denn gleich
& gleich gesellt sich gern &
gern & gern gesellt sich gleich.
Das Gleiche ist immerzu gleich,
oder das Selbe.
Wem selbt er dann?
Nur sich selbst selbt er,
nicht dir oder mir, denn
deine sind nicht deine
Söhne & Töchter der Sehnsucht usw.
Also wem gleicht er nun, dieser Selbe,
oder ist er gar sich selbst nicht gleich?
Wem gleiche ich & bin ich die Selbe
wie er, der Fluß, in den ich steige.
Dieser Selbe, der sich mir entselbt.
8. Oktober 2019 19:20
Julia Trompeter
annehmlich es sei alles nicht so
wie es sei, und es ist wie es ist:
der baum nur 1 baum nur 1 baum,
kein querschlagen der synapsen,
übersprungsgedanken balsamiert.
annehmlich du bist nur du und
ich bin nur ich, ganz ohne kon-
junktiv, wir hängen so anneinan-
der und diese hand ist nur hand,
und wir sehen uns wirklich so
wie wir sind. annehmlich du und
ich sind 1 paar. was können wir
tun, um uns nackt und blind und
außerirdisch lange zu lieben.
30. Juli 2019 20:42