Gerald Koll

Das fünfzigste Jahr (195)

26. April 2016, ein Montag

7 Uhr. In der Innenstadt. Ich habe gerade das Morgen-Training beim Sohn des Doshu geknickt. Der erste Morgenbus fuhr zu spät, um rechtzeitig anzukommen. Mit jeder Minute Wartezeit schwand mein Drang. Da ging ich in Richtung Straßenschluchtsonne. Versuchsidentifikation mit dem Modell „der spazierende Mann“, „der fotografierende Mann“, „der frühstückende Mann“, „der notierende Mann“. Die Stadt erwacht. Japan, das war wenig Schlaf und viel Fahrzeit. Das war Jagen und Sammeln.

16:30 Uhr. Es ließe sich sagen, dieser letzte Tag sei zerronnen. Erhebend demütigend aber war der Aufenthalt in den Geschäftsräumen von Iwata, der Traditionsmarke für Hakamas. Nur ein zierliches Schild in einer Nebenstraße verrät, dass sich im grauen Wohnhaus eine international renommierte Firma befindet. Man betritt einen recht kahlen kleinen Raum. Ein ernster Herr kommt aus der Hinterstube. Hakamas seien nicht am Lager. Die Herstellung dauere leider sehr lange. Man entspricht unserem Wunsch, Stoffe zu befühlen. Das sei Leinen. Schwierig zu pflegen. Man antwortet knapp. Man schweigt. Man wartet auf unser Gehen. Man verabschiedet ohne Beanstandung. Das Haus Iwata ist bedacht auf Diskretion. Es wirbt nicht für seine Ware. Es warnt davor.

20 Uhr: mit Yutaka in ein Onsen mit freiluftig gelegenen, warm überspülten Holzterrassen. Da liegt sich’s gut. Da sagt Yutaka, er schmiede Pläne, Berlin zu besuchen. Oh.

26. April 2017 09:57