Sylvia Geist

Ruperts Piaf

Rauscht an. Rasselt, flattert auf den Eibenzaun und
die zwei alten Frauen auf dem Weg vorbei, über die
Parkenden zwischen Zellers und 7-Eleven, kreist, dreht
ab zu einem musealen Stück Rangiergeleise, hinunter
zum Ponton, von dem es fett ins Hafenwasser rinnt
und hallelujablau, wie Haut und die von Ort und Stelle
ausgeputzten Innereien des Halibuts in roten Händen sind.

Von allen Variationen ihres Lebens ist es die, in der sie
abends gegen sieben im Zierbeet ihres Rosenkleides
mit dieser Stimme vor den Rabatten steht. Mund
auf die Zähne gemalt, das dünne Haar toupiert
vom Wind, steht sie, für eine Stunde beäugt und
unbehelligt, mit vorgestreckten Armen, eine Statue,
die der Bucht den Segen gibt – es lebe der Abend!

unter dem das Nest wie eine Beute liegt, schon kalt und
von überall weggezogen unter der Harschdecke Blinken;
im Schlepptau der Tide der Fährenpalast, der erste Zug
nach Süden, der zum Vergessenwerden lang und leise
in den Uferfichten hält, die Entfernung, die sich verstellt
und alles mit Nebel begleicht und verbindet, der Nebel
lebe, wo wie in einem unbestimmten Vertrauen die Dinge

weiterlaufen, leben. Neben ihr auf seinem Hocker
der Rekorder spielt das Rauschen ab, die Regenbänder
Lieder, spult und blinkt – done, done. Acht gleich, aus
dem Wäldchen von McClymont jagt die Dunkelheit
noch ein paar Gäste vor sich her, eine neue Runde
Blechbackgammon auf dem Platz, gleich kommt auch
sie los, stellt sich, Ende meiner Vorstellung, dem Haus.

5. Oktober 2011 16:09










Gerald Koll

hip and happy

20. Oktober 2011 16:40










Björn Kiehne

Santa Maria del Mar

Ein Tag früh im Jahr,
das Licht noch fremd in der Stadt,
der Staub auf den Fassaden gefroren.

Noch weißt du nicht,
noch ahnst du kaum.

Sie flüstert:
„Das Meer findet dich!“

Eine Böe aus den Windkammern des Ozeans,
Fische springen aus den Straßen –
Schlieren auf dem Asphalt.

Ein Grollen, Heranrollen,
hungrige Wellentiere reißen ihre Mäuler auf,
Schuhe zu Booten,
Schaukeln auf Wellenkämmen –
unter dir die Blicke der Ertrunkenen.

Und du flehst:
„Santa Maria del Mar,
sprich dein Gebet für mich,
glätte die Wellen,
treib den Wind zurück!“

Das Meer findet dich
und mit dem Meer
kommt das Salz.

25. Oktober 2011 19:40










Nikolai Vogel

Und in der U-Bahn hocken die Zombies

kleine Displays in der Hand, aus denen sie ihre Befehle zu bekommen scheinen. Sogar beim Ein- und Austeigen, beim Gehen schauen sie auf ihren kleinen, stets vor sich gehaltenen Wächter, denn wenn die Verbindung reißt, sind sie verloren. So aber wirken sie traurig und alleine, ertragen die Haft apathisch und arbeiten emsig mit ihrem Daumen.

27. Oktober 2011 00:10










Nikolai Vogel

Die sichtbare Freude

im Gesicht einer jungen Frau, die laufend gerade noch den Bus erreicht, der nachts nur alle zwanzig Minuten verkehrt.

27. Oktober 2011 00:11










Mirko Bonné

303

Die Seele sucht sich die Gesellschaft selbst –
Und – schließt die Tür –
Für die erlauchte Mehrzahl ist –
Sie nicht mehr hier –

Sieht ungerührt – dass Kutschen stehen –
Vor ihrer Pforte –
Sieht ungerührt – den Kaiser knien
Auf ihrer Matte –

Ich sah sie – aus Nationen wählen –
Bloß Einen –
Schon – schloss sie ihre Zuwendungsventile –
Wie Stein –

Emily Dickinson

*

27. Oktober 2011 08:41










Andreas H. Drescher

ENDE ENDES

DAS TASTENDE
als Rad im Blick
zen
trip
et
al

EIN TASTENDES
das sich nur immer mit sich selber füllt
wieder und wieder
er
neu
er
t
mit dem harten Gummi der sich abreibt
ohne sich zu schmecken
Nichts gleicht dieser
Straße Ach Ja welcher Straße
ver
t
e
e
r
t

27. Oktober 2011 23:09