Christine Kappe

Schwarz und Weiß

Die verschiedenen Schwarztöne, die Kinder wollen immer im Dunkeln spielen, von meinem Ich ist nur Schwarz übriggeblieben, das Schwarz zwischen den Lichterketten, das Schwarz des Kaffees, das Schwarz der verlassenen Wohnungen, des Spaniers im Dachgeschoss; er arbeitet schon wieder, läuft im weißen Arztkittel über den Flur, spricht mit jemanden, den ich nicht sehe und wünscht verlegen ein ‚frohes neues Jahr‘; die schwarzen Fäden in seiner Haut; durch Wunden in Menschen dringen, erst abgestoßen sein, dann nah.

Der Wind zupft sanft an den kahlen Ästen, das Bodentuch über der Balkonbrüstung bewegt sich nicht,  ist gefroren. Die Beeren fallen jetzt mehr auf als im Sommer. Sie hängen an knochigen Zweigen: rote an den Bäumen, orange und weiße an den Büschen. Die Weißen sind am wenigsten schön, sie leuchten aber, spenden Hoffnung, vermutlich weil man sie aus dem Sommer zu kennen glaubt. Das Weiß der Birken, der Häuserwände, der Wolken hat nicht so viel Licht wie sie. Wenn ich Malerin wär! Keine Worte machen, um das Herz besser hören zu können. Durchscheinen der Grundkonstruktion Mensch.

6. April 2013 12:56










Sylvia Geist

Zweistimmig

Vor zwei Jahren hat die Dichterin und Übersetzerin Catherine Hales begonnen, sich meines Gedichtzyklus´ Periodischer Gesang anzunehmen – eine schöne Erfahrung, die diese Gedichte in mehrerer Hinsicht befördert: In eine andere Sprache, und über diesen Weg noch einmal auf neue Art in mein Reflektieren über die Stoffe. Das Abgleichen zweier Fassungen erlebe ich dann oft wie eine Rückübersetzung.
Mit Catherines freundlicher Erlaubnis hier eine ihrer jüngsten Übertragungen.

Titanium

were it
possible to break slate from magmamanic rocks with
bare hands making the mineral shingle its lightness
mmmmpliancy some
harvest or

stout shoes
at least for she who’d be emerging through
aqua regia spawn ocean the other the rocket
mmmmductile opening
the valves

singing raising
with roof-strength fontanelle’s basement robber and ass’s lover
who besotted triturated keeps shingling implants gleaming sheer
mmmm saturnine in
the ring.

Titan*

aus schiefern
zu brechen wärs möglich mit bloßer hand aus
magmanischen steinen was zu schindeln das mineral leichtigkeit
mmmmgelenkigkeit irgendeine
ernte oder

feste schuhe
wenigstens für eine die über königswasser käme laiche
see die andre die rakete mit der dachkraft
mmmmdie duktile
die aufdreht

die ventile
im fontanellenkeller anhebt singt die schieberin esels lieberin
verschriebene die zerrieben weiterschiefert mit den glanzimplantaten die
mmmmschiere saturnerin
im ring.

    *Erste Fassung in: Morgen Blaues Tier, zuKlampen 1997
12. April 2013 12:38










Nikolai Vogel

Lesungsvorbereitungen

Die eigene Stimme. Das Gehör. Die Anderen.

21. April 2013 00:59










Hans Thill

Useful knowledge

Mütze
Sie mag heißen wie sie heißt. Das gilt auch für Hans Test. Hat nicht schon ein anderer den Namen getragen, der das Akkordeon schaukelte und nun unter den Tränen der Welt begraben liegt? Viele wurden so genannt, nennen sich so. Die Mütze ist schick gestrickt oder aus Luft gehäkelt. Fischer würden an einem Netz flicken. Wir sehen sie mit Hochachtung, legen den Apfel auf den Kopf des Sohnes. Der nickt ein, ein glücklicher Knick der Geschichte.

22. April 2013 22:37