Mathias Jeschke

Die Weihnachtssuppe

Familie Fink
ist nicht stink-
reich, nein, nein,
ihr Beutel ist klein.

Zur Weihnacht –
wär doch gelacht! –
gibt‘s halt nur Suppe
für die ganze Truppe.

Sie laden groß ein
und machen sich fein.
Gewärmt ist der Raum,
beleuchtet der Baum.

Da kommen die Gäste
und bringen zum Feste
vom Vortag die Reste:
vom Guten das Beste.

Es kommen die Raupen,
sie bringen Graupen.
Drossels von drüben
mit gelben Rüben.

Schnecke und Schneck
kommen mit Speck.
Ein Rudel von Pudeln
bringt die Nudeln.

Vater Fink beheizt
den Ofen, geizt
nicht mit Gewürzen.
Um’s abzukürzen:

Unter den Festen
war’s eines der besten.
Die Freunde lachten
noch lang an Weihnachten.

1. Dezember 2014 21:35










Thorsten Krämer

Holly Springs, Mississippi

Wir nannten uns Seepferdchen, zimmerten uns
die Welt zurecht. Ein Poster war die Zukunft, wie
zerknittert sie auch sein mochte. Holz und Ziegel
unser Rohstoff, ein altes Fahrrad das geteilte Glück.

2. Dezember 2014 18:14










Tobias Schoofs

MARIENFÄDEN

dies gedicht sei ein bild
wie ich die wohnung betrete
liegt eine leiche im keller
die buchstaben sind spinnen

sie fliegen im spätsommerlicht
und sie geben den satz ein:
der geifer des bösen ist überall

unfall an der kreuzung
auf die meine wohnung sieht
an der großen tafel gegenüber
wird die werbung gewechselt

dies gedicht sei magie
dies gedicht sei ein unfall
eine grausame kunst

8. Dezember 2014 22:59










Sylvia Geist

Feuerlager

Oktober, wir lachten noch draußen
über die Fallen, die aus Komposita
jedes Kind basteln kann, als ihr
Zeppelin im Windlicht landete.

Die kenne ich, sagte ich, gestern
tauschte sie ihren Platz im Nest
gegen einen auf dem lauen Mond
über der Haustür, so vermisste sie

den Sommer, jetzt ist sie Urne
eines hochkalorischen Kicks
oder Wärmewabe, je nachdem,
was du vorziehst. Das Flämmchen

knisterte, roch nach Lagerfeuer,
wir sahen, etwas blieb liegen
von der Pilotin im Feuerlager,
das schien wie eine Laterne

aus unbeeindrucktem Papier,
und was am Ende zu stehen hatte,
die Hornisse, ging und ging lange
auf im Rauch des Flugapparats.

9. Dezember 2014 12:00










Mirko Bonné

Lima

Die Überschwemmung von Passau,
da sie unabwendbar ist, was bringt sie
auf dem Weltklimagipfel, was trägt
sie ein? Schneller als die Alpen-
gletscher schmelzen, werden Dürren
in Australien, kalifornische Buschbrände,
Bangladeshs Überflutungen und der Untergang
des Inselreiches Tuvalu verschachert
und zu Profitmasse. Klimawandel,
Klimahandel. Ein grüner Himmel
steht über Lima am Abschlusstag
der Konferenz, so leuchtet das Meer,
und Wolken aus Staren durchrauschen
den Hafen Ancon, bei deren Anblick einer
wie Auden dächte, ein jeder sollte gleichgültig
wen lieben, oder wir alle sterben, was allerdings
Auden etwas drastisch erschien, weshalb er schrieb:
Lieben müssen wir einander und dann sterben.

Für Uli Schreiber

*

15. Dezember 2014 12:04










Gerald Koll

wetter im berg (2)

17. Dezember 2014 13:04










Gerald Koll

Weiße Wasser (2)

(Kapitän Rafa aus Cadiz im Oktober 2013 in Muxia.)

18. Dezember 2014 12:16










Christine Langer

Staub oder Schnee

Ist es Staub oder Schnee der durch
Den Fensterspalt rieselt
Luftig leicht Sonaten von Bach
Eisglasperlen verzerren Perspektiven
Ein einzelner Tropfen wandert ins Meer
Die Farbe Blau verliert im kalten Licht
Der Winterhimmel hüllt Schlaf in abgelegten Schichten
Die aufgeschüttelte Bettdecke hängt
Als schiefer Buchstabe über der Matratze
So warm wie das Fell einer Katze beginnt der Tag

21. Dezember 2014 18:21










Christian Lorenz Müller

Dass es genügt (Krajina, 1995)

Gelb war ihr Besen, sie wimperte geduldig
Staub von den Pflastersteinen.
Die Rosen in den Rabatten
längs der Einfahrt
verbargen ihre Stacheln
unter gehäufeltem Stroh.

Noch zwei Tage bis Weihnachten
und keine Spur von Schnee.
Auf dem Asphalt vor dem Nachbarhaus
glitzerten zerscherbte Sterne.

In Zagreb hatten wir erfahren,
dass es genügt, in der Küche
die Gasflasche aufzudrehen
und nach ein paar Minuten
durch ein Fenster zu schießen.
Rußkajal umzog den Rahmen
der Terrassentür, im Moment der Explosion
ein weit aufgerissenes Auge.

Wind kam auf, schleierte Asche
aus dem verkohlten Dachstuhl.
Sie staubte vor den gelben Besen
und wir hörten ein Seufzen,
als wir ratlos ein paar Schritte machten,
die zerscherbten Sterne zerknirschend.

22. Dezember 2014 11:17










Claudia Gabler

Ans Grüßtkind

IXG wünschte mir nut und nut nichs anderes als:
ein großes nierenförmigez Zofa mit Schaftfungzion
und ein schönets weihnachtsfezz.
Lazz mich nich verzauern BIETTE
dein Zwunsch ist eigentlich gar nicht allein, äh dein
….. (((Ich gönnte mich TODlachen, weizt du,
wie es an Weihnachten übblich ist, wenn ich die anderen
gruppiere)))

23. Dezember 2014 19:26










Markus Stegmann

Stranden

Im Bleikristall der Nacht stranden
deine Lippen legt sich die kalte Hand
Helium im Herzen der klaren Luft
um erblindete Kirschen am
versehentlich berührten Knie

24. Dezember 2014 12:16










Tobias Schoofs

IM BLICKFELD DER TOTEN

schreib das hier noch eben zu ende
und dann nimm endlich die pillen

man bleibt im blickfeld der toten
doch schaut man sich um
schließen sie hastig die fenster
der beamte reicht mir ein foto

auf dem ich mich selbst erkenn
und sagt: es spielt keine rolle
ob die bilder den lebenden gleichen
man bleibt im blickfeld der toten

schreib das hier noch eben zu ende
und dann nimm endlich die pillen

26. Dezember 2014 23:59










Thorsten Krämer

Near Oxford, Mississippi

Ein Totenbild. Sie sind nicht da, nur
Referenz, ein Nebel, der sich um deine
Schultern legt.
                  Verdünnisierte Entitäten
ohne Halt sind sie, die Toten. Ihr Atem
stirbt als letztes, er transportiert Bedeutung
bis tief in deine Lungen.

28. Dezember 2014 12:57










Gerald Koll

peregrinos

Peregrinos 20141213 MITTEL 640×360 88 MB

29. Dezember 2014 00:40










Christine Kappe

früher, heute, morgen

Früher haben wir auf unseren Treffen gern Fotos angeschaut, Kannst du dich noch an den erinnern, oder Was macht jetzt die? Wie hieß sie nochmal? Und vor allem: Wie wir ausgesehen haben, Und Wo war das nur?
Jetzt machen wir ständig Fotos oder überhaupt nicht mehr, das kommt aufs selbe raus, und dann schauen wir sie nicht an oder können sie nicht sortieren, vielleicht liegt das daran, dass sich unsere Wege auseinanderentwickeln, nicht an der fortschreitenden Technik, alt sind wir jedenfalls nicht, Mitte des Lebens, Doch Alles Wesentliche muss passiert sein, sagst du, sagt dein Vater, Vielleicht denkst du etwas konservativ, oder einfach nur realistisch, ich zumindest will Gegenbeispiele nennen, finde aber keine auf die Schnelle im Regen auf dem Weg zur Bahn.
Wär gern länger geblieben, doch eins ist klar: Unsere Wohnzimmer werden nie die Größe der Wohnzimmer unserer Eltern erreichen, weil wir nicht lange genug darin sitzen – ganz zu schweigen von der Größe der Wohnzimmer unserer Großeltern.

31. Dezember 2014 19:08