Thorsten Krämer

Memphis, at the Travel Agent’s

Die Reise beginnt mit den Fingerspitzen: Sie
ertasten den Weg um den Globus. Inverses Relief
der Erfahrung, die Kugelform der Prädestination.

3. August 2015 16:55










Tobias Schoofs

ASCHE ZU ASCHE

vom kiefer geht ein gefühl aus
dass der raum sich krümmt wie
eine urne

die asche wird dem dünger bei
gesetzt oder auf see verklappt
gegen zahlung ist es erlaubt

sie mitzunehmen nach hause
kraut und rüben auf dem kamin
sims ein spaß die fremdknochen

zu tauschen und eingraviert
steht da ohne details ich liebte
und wollte nichts als die liebe

vom kiefer geht ein gefühl aus
dass die zeit sich zieht wie
kaugummi

6. August 2015 00:15










Sylvia Geist

Die unsterbliche Taube

Die heute auf der Ulica Poselska hat ihren Kopf
ans Pflaster gelehnt wie an die Brust eines Kindes.
Ihr halbgeschlossenes Auge kennt mich, die Linie
ihres Flügels, ein flüssiger Schriftzug, sagt: Es gibt
keinen Frieden, und nichts geht mit dir zu Ende.

Stimmt, Pusteblume mit der Potenz einer Streubombe
jeder, so rutschen wir durch die Ritze Leben
der Welt aus dem Rachen, ihr unsterblich
übles Gerücht. (Apropos, ob Jack the Dripper Pollock
während seiner blauesten Periode in Peggys Kamin

pinkelte, ist fraglich, als unbestreitbar gilt jedoch,
dass die CIA seine freie Art zu schätzen wusste.)
Wir sind überraschend wie im Rankenspiel
einer Gardine die Blätter und bedeutend
wie die Amplitude eines gesunden Diktatorherzens

oder dieses Kleine, das blindlings auf die Taube tritt.
Freilich, solche wie sie bekleckern Hüte, Fahnen
und Markisen, es gibt sie als Button, Aufkleber,
Souvenir. Nichts zu wollen ist auch keine Lösung,
sagen manche, andere nennen es Erfolgsgeschichte.

6. August 2015 16:31










Mirko Bonné

Die Sommer in Rouen

Schiffe vor Anker auf der Seine
bei Rouen. Und im Gras am Flussufer
Monet, der die Frachtsegler malt,
dazu drei weitere Bilder,
links Flieder im Sonnenlicht, rechts
Flieder bei trübem Wetter, und wendet er sich
nur zwei Schritte in Richtung Giverny,
dann warten da auf der Böschung
vielleicht zwei Sommer lang
in hellstem Gegenlicht
seine Frau, Camille,
Camille mit grünem Schirm,
ja, und der Junge, Jean, das Gesicht,
den Kopf inmitten vorbeiflutender Wolken.

*

13. August 2015 11:50










Tobias Schoofs

VINCENT

vincent malte sagen sie die dinge
wie er die dinge die er malte sah

er sah das sagen sie die dinge dick
mit farbe rhythmisch in spiralen ein
geschmiert als sternenwind vielleicht

als unbekannte macht vermuten sie
sie sehen dinge sagen sie mit farbe
rhythmisch in spiralen eingeschmiert

die vincent malte sagen sie als er
sie sah wie er sie malte sagen sie

18. August 2015 19:51










Hendrik Rost

Selected Tweets

Heute habe ich bestimmt, dass das alles
nichts mit mir zu tun hat.
Ich habe kein Gedicht von Peter Handke erlebt.
Verstopfung ist ein Volksleiden
und es sind mehr Drogen im Umlauf,
als gesund ist: Heilsam ist das sicher nicht,
keine Entscheidungen treffen zu können.
Jugend mit Freiheit zu verwechseln.
Und kleine geheime Gedanken
für mehr zu halten als kleine geheime Gedanken:
sich zu hassen, weil man gern hörig wär.
Die Frisörin hat mir zwei lange Haare
in den Augenbrauen geschnitten.
Ich fühle mich jetzt vollkommen nackt
und decke mich zu mit den kuscheligen Fakten
Liebe, Schönheit, Tod.

20. August 2015 07:53










Claudia Gabler

By Storytelling
will ich mit Knut nichts mehr zum tun ham!
Weisch, weischt:

„Bei gestauter Geilheit“
sollen sich, so K., Spielzeug-Landschaften aufbauen
oder Gebäude nach Vorlage des B. (also B wie Kunst) (?)

Ach ist doch wurscht: Nur in diesem Ton jedenfalls geht die Gunst!
Das Bild muss sich zum Hirn neigen,
gähnende Schluchten, Schwellungen, Lichtreflexe.

Natürlich, natürlich, natürlich und später:
Orgasmuas. Muass sein, weischt: Ohne Eruption
kann dir auch keine Locke aus der Mutter fahrn.

Freundschaft also mit Knut?
Nee,
lass uns lieber noch n bißchen weiter fighten!

20. August 2015 13:50










Thorsten Krämer

Ockhams Rasierpinsel

Ein einfaches Gedicht ist
auch das hier nicht geworden.

(für Tobias Schoofs)

26. August 2015 11:57










Tobias Schoofs

GETAWAY

da bist du also weggerannt
von deinem podium als jemand
dich auf joyce ansprach und

stolperst immer noch durch
trümmer bis du mich entdeckst
ein halbes autowrack und

sinkst auf meine rückbank
hoffst auf märchenhaftes aber
ich bin auch nur ein vehikel

das nicht fährt das einzig
märchenhafte ist der papagei
dem du auf deiner flucht

begegnet bist und der dir
in den finger biss und quäkte
schreimse ma was eifaches

29. August 2015 19:46