Andreas H. Drescher
Selbst schuld wers ich
die Augen reibt umauf
zuwachen Taktilblitze
obauf überzählige Häute
übertragen sich auf den
Apfel überm Geh nerv
Das Geh genteil jetzt ein
es Jauchzens zentripetal
er Schmerz der Schmerz
ist also eine Untersagung
Daalso ist sie die desodo
sierende Wirkung unser
er Zwiebel ihr Al dente
vor ihrem Gelb nicht nur
vor ihrem Braun nicht ihr
dentales Zucken hautig
wie die Erde selbst ein
Hunger dieses Frösteln
des Verbackenen wo es
zerreibtundriebenrastet
Das treibt noch einmal
aus in Dung und Dunk
elheiten schliert sich sch
nippend in den Einverfall
3. April 2018 12:38
Christine Kappe
Als ich mit den Kindern aus dem Bus stieg, fiel mir auf, dass ich die Hälfte meines Einkaufs im Bioladen vergessen hatte. Das besprachen wir dann beim Abendbrot. Mein Mann trug zwei Paar Handschuhe, weil es so kalt war und telefonierte mit dem Bioladen. Der Bioladenbesitzer war mit meinem Professor verwandt, der uns allen zu Weihnachten eine Postkarte mit seinem Portrait geschickt hatte, welches er selbst daheim, mehrfach dupliziert, als Tannenbaumschmuck nutzte. Ob es dieses verwunderliche Detail war, über das ich den Einkauf vergessen hatte? Jetzt hoffte ich nur, dass ich nicht irgendetwas persönliches in meiner Einkaufstüte zurückgelassen hatte. Doch ich glaube, es war nur diese Karte.
3. April 2018 21:14
Christine Kappe
Was für Tage
an denen wir mit Kindern rausgehen
und mit Müttern reinkommen
Lebensgeschichten tauschend
Ich hab jetzt die von Jana
Ihr Mann lebt nach der Scheidung in der Oststadt
meiner ist segeln und Miriams raucht
Und Conni. Und die einbrechende Kälte. Und Jannes im viel zu kleinen Pulli
Mitten im dunklen Kinosaal, fällt mir auf, wie klug ich bin, wenn ich frage:
Wie geht denn das: Der Sohn deiner Freundin lacht über dich und sie sagt nichts dazu?
Weil wir immer noch in einem Patriarchat leben
bloß mit verdeckten Karten?
Übrigens hört mir keiner zu
5. April 2018 14:19
Andreas H. Drescher
Das Moos als Fest der Selbtbehauptung
Die Gerecktheit früher Zigaretten also
Die Lasso die ich Papa stolpere
Das schmeckt nach Malzbier Freunde
Die Rotkehlchentöne im Chitin
Der selbstgegossenen Soldaten
Das Moosgebet dreht sie mir in den Wind
6. April 2018 06:59
Nikolai Vogel
eine Wiese wie mit Sommersprossen, lauter kleine gelbe Blüten darauf
6. April 2018 14:11
Nikolai Vogel
der Arno-Schmidt-Sound, der Friederike-Mayröcker-Sound, der Peter-Kurzeck-Sound, der Thomas-Bernhard-Sound, der Rolf-Dieter-Brinkmann-Sound
6. April 2018 18:53
Christine Kappe
Am Wegesrand wächst Moos, und die Flamingos heben und senken ihre Köpfe, wie Klavierhämmerchen beim Spiel eines Pianisten, beinah hätte ich die Musik gehört, aber ich musste dich aufheben – du warst hingefallen – und beobachten, wie du scheinbar sinnlos hin- und herläufst und dich freust. Es war frühlingshaft. Ich hatte alle Fenster aufgemacht.
Abends fehlt dir dann was, und du suchst und suchst, weißt nochnichtmal was, und willst mir nicht glauben – es ist der Schlaf.
6. April 2018 21:18
Nikolai Vogel
auf Kronenkorken müsste man auch Pfand verlangen
7. April 2018 12:17
Tobias Schoofs
denk ich an orsoy denk ich an fähre
schmuggel über den rhein: calvinistische
bibeln produkte aus holland. zwischen
den gräsern links und rechts ist ein unter
schied. schafe erläutern systemtheorie
den blick zum rhein gewandt (a difference
that makes a difference) wir fressen gras
und grinsen
nachmittage an denen die schifffahrt ruht
die zeitung aufs gesicht gelegt. die sauer
stoffversorgung lauscht. das gleich
gewichtsorgan stockt. wohin geht es?
in die differenz antwortet mit einem
grinsen der fährmann das seinen kiefer frei
legt und du fällst um. indianer spielende
kinder haben treidler skalpiert der kahn
treibt ab (rammte bei orsoy die fähre.
personen kamen nicht zu schaden)
7. April 2018 23:55
Nikolai Vogel
die Elstern im Hof bringen ihr Nest in Ordnung
neues Jahr, wieder Frühling, wieder Brut
8. April 2018 14:25
Nikolai Vogel
der blaue Himmel und ein Flugzeug, das in einem vorigen Jahrhundert nicht da war
9. April 2018 09:44
Christine Kappe
Vogelfilme
mit charmanten Moderatoren
in HD Qualität aber ohne Konzept
Vor allem wiederholten sich die Sachen
mit und ohne Musik
Und so war dieser ganze Sommer
zum Entspannen taugte es nicht
Eines Morgens wurden wir von Tauben geweckt, die in den Bäumen festklebten
und deswegen wild flatterten
Das Blau des Himmels war aber immer dasselbe
nur dass die Sonne mal mehr und mal weniger blendete
und die Wolken sich davor irgendwie verteilten
9. April 2018 15:08
Nikolai Vogel
dass Tee oft nervös macht, als würde Zeit sichtbar
die Leitungen, durch die unsere Wohnungen verbunden sind
die Zustände des Wassers
10. April 2018 14:16
Nikolai Vogel
grüner Tee, schwarzer Tee, weißer Tee
Ziehzeiten, Härtergrade, Milch, die aufsteigt wie Wolken
was ist das eigentlich, was wir tun, Schreiben?
11. April 2018 10:59
Christine Kappe
für Dirk Baumeister
Es hing der Kuli an der Wäscheleine und las mir Gedichte vor, bis das Licht nicht mehr reichte. Ich hörte nicht den genauen Sinn seiner Worte, und er las nicht genau das, was da stand. Aber ich wusste, dass ich es mit einem historischen Moment zu tun hatte, mit einem unentdeckten Genie und einem Tag, an dem ich das Schreiben endgültig ihm überlassen hatte.
12. April 2018 06:51
Andreas H. Drescher
Das recht und rechnet Stunden aus in Schüssen
Apfelkarussell vor jeder Forke das Geostere gejagt
vor kleinem Himmel Bettlerbilder Flüchtling sagt
er als Sumpfdeckelschnecke Entropien dunkel
gebändert grünbraun am Apfelbaum polarisiert
Groll-Gestöber güllen eingesteift Mitteleuropa
verkniffenes Äquinoktium der Hakenharken
Am Limit wo die Familie Kasernen ausstreift
konsekentern flatternden Verfalls Schuhwerk
als Uhrwerk licht End des Gefratze schon seit
Pfingsten züngelt das das Sattelchen vor dem
Genick genug wissbare Wiesen mähend über
zwei Staaten hin daher der Bibelwald Geruch
der Frömmellieder heimgefedertes Straucheln
13. April 2018 08:04
Konstantin Ames
für Connaisseurs der Kunstpause
als die Trierer few die Hosen gestrichen voll hatten
benannten sie ihre Hochschule nicht nach dem großen Sohn der Moselle-Stadt.
Und sein Denkmal war Made und gemacht von Hand
in China. So going dhas (Whas? Unnanatur) eben vonstatdten.
Kim, einen Freuntin, finted das ausgesprochen amüsant.
Stimmt’s? Im Gespräch jetzt eine überlebensgroße D-Mark-Stele?
„Landschaft“, sagt der Schnauzerkamm, „– ist Natur, gesehen mit den Augen des Konsumenten.“ ‛s kömmt aber drauf an, sie abzuwischen, die Offenheit des
14. April 2018 11:38
Christine Kappe
„Schon‘ dich
die Jungs haben hier oben rumgestanden, als du das Buffet aus’m Keller geschleppt hast
Argument: sie seien nicht richtig angezogen
Ha ha ha.“
„Ja aber, habt ihr gesehen, wie sie nächtelang den Film schnitten?“
Bleibt nur noch:
zu fühlen, was zum Denken nicht gemacht ist:
Unbestimmbare Frühlingstage, schlecht beleuchtet
Die Landschaftsbehörde ist jetzt zu einem Hochsicherheitstrakt umfunktioniert
man kommt nur noch mit Plakette rein
mollige Heizungsluft
Radiosound
der Schlüssel steckt von außen
niemand ist da
15. April 2018 20:51
Thorsten Krämer
Die Schalen von zwei Kilo Schwarzwurzeln, ein Büschel Haare, eine Bleistiftmine, eine Handvoll Hasenkot, fünf Kopfschmerztabletten, 50 cm Kordel und ein Lorbeerblatt sehr fein schneiden und in etwas Öl anbraten. Mit reichlich Rotwein ablöschen, eine Viertelstunde weiter dünsten und dann passieren. Anschließend langsam zu einem Jus reduzieren. Mit diesem dann nach Belieben die acht Eckpunkte des Käfigs markieren.
Die elf Arten von Traurigkeit, für die dieser Käfig geeignet ist, lauten:
– die Traurigkeit eines Influencers in der Wüste
– die fünffüßige Traurigkeit
– die Traurigkeit, die ein frankophiler Elvis-Imitator nach seinem ersten Auftritt verspürt
– die Traurigkeit, die sich anfühlt wie eine kleine Raupe, die man an einem Montagmorgen in seinem Federmäppchen findet
– die ihr baldiges Verschwinden antäuschende Traurigkeit
– die silberne Traurigkeit
– die Traurigkeit einer strahlenden Herbstmaschine
– die Traurigkeit, über die man nicht spricht
– die Traurigkeit eines kernsanierten Fundbüros
– die andere Traurigkeit
– die Traurigkeit, deren rechter Ärmel ein bisschen zu lang ausfällt
16. April 2018 10:28
Andreas H. Drescher
All dein Unglück passt
in den Toupierkamm mit
dem du dich unter der
Frisur kratzt die vor wie
nach hoch ist so hoch
dass sie an der Wolken
bildung mitwirkt bildung
von heute an mit einem
ganz kleinen b wie poren
16. April 2018 23:18
Nikolai Vogel
und so viele Menschen haben schon Geschichte geschrieben
das heißt fast immer, anderen etwas angetan
so viele Namen
die ich hier nicht aufzählen will
17. April 2018 14:52
Nikolai Vogel
„Fragmente zu einem Langgedicht“, aus dem handschriftlichen Manuskript, ab 6. April 2018. Erste Verse hier in den Goldenen Fisch gestellt. Und wie weit, wie viel veröffentliche ich hier? Wollen alle doch immer die Erstveröffentlichung. (Stipendien, Literaturzeitschriften etc.) Nachzuvollziehen und dennoch kommt es auf die Zusammenhänge an, müssen noch andere Entstehungsgeschichten möglich sein. Wie sich Texte vortasten und verästeln – wenn sie nicht bis zum Schluss in der Einsamkeit bleiben.
17. April 2018 14:53
Christine Kappe
Es gibt aber Menschen, die würden das nie zugeben
erst recht nicht suchen
zB. Kulis in vollgestopften Taschen
Meine Freundin Marry gehört dazu
Und der Herr, der Arno & mich noch mit in den Fahrstuhl lässt
Macht eine Geste, als würde er es damit nicht nur beschleunigen
sondern erlauben
Die morgendlichen Straßen sind nass, ohne dass es regnet
Fahrzeuge rollen ohne zu zögern in den Tag
20. April 2018 07:02
Andreas H. Drescher
Das Glück der Vogelscheuche wo
sie Bussarde trägt ein Staunen Bern
hards vor den Fransen der Roggen
muhme hat er Dorrendes gesehen
durchs UV von Mäusepinkelspuren
Freunde sind sie vor dem einen
Bein das Holz ist und das Kralle
ist wo es so fruchtgelb ragt das
Tropfen das die Krempe fiedert
im Scharren der Ähren-Daunen
21. April 2018 00:33
Nikolai Vogel
Vorhaben, die man auf später verschiebt
23. April 2018 18:02
Christine Kappe
Später Ikarus
(Daedalus früher)
Nichts ist für immer geklärt
Moskau-Berlin 6,50 Euro
Stell dir vor, die Fenster wären die Filme & die Filme die Fenster
Du & ich abends in der Küche
“Spiegelt sich dort hinten unsere Lampe oder ist das ne eigene?”
“Das ist, glaube ich, ne eigene.”
P.s Begrüßung mit Kuss (ohne Hals) (meinen)
“Denken verbraucht Vitamine” (Tom)
wer sagt
dass Herzen
versucht
werden müssen
Träume, dass wir auf einer Baustelle vorm Haus schlafen. & du mich zu dir ranziehst, mich wärmst. “Du hast doch nichts dagegen.” & er hat dünne Beine
Jeder ist jemandes Engel
25. April 2018 05:49
Thorsten Krämer
ich habe noch einen zweiten, dritten und
fünften (der vierte ging schon im Vorjahr
kaputt), ich bin ja inzwischen mein eigenes
Ersatzteillager. Also gräm dich nicht, liebste
Knochenbrecherin, und verhalte dich bloß nicht
sanfter als sonst. Auch die Mücken fliegen weiter
dieselben Manöver, sie zeigen mir die Ungereimtheiten
meiner Haut. Und was zeigst du mir, verehrteste
Expertin? Hast du im Portemonnaie jetzt endlich
den Trainerschein? Die leichteste Übung ist
immer die nächste, ich hole tief Luft und lege
zwei Finger auf die Stoppuhr. Komm, wir üben
Karate mit Karacho, ein Handgemenge unter
verklärten Bedingungen.
25. April 2018 09:49
Konstantin Ames
1 elegie um ein haar
ich sehe am waschbeckenrand
in form eines großen g
ein haar haare
2 März. Email nach breddín
Für Hele
Wo eine form, ein forum (wie ein feld vorm abend will
Grins nicht zu früh, scwach grins erst, wenn du ankommst
Und keine not an kommata mehr herrscht am nachmittag
Und keine sciefen pflaster uns den scritt zum nascmarkt
So hin und her verstreuen. im nachen durch die mark
Wo eine form, ein forum wie ein feld vorm abend will
Ich nicht sagen), ein areal – in der rechten einen spruch , ,
In der linken schwenk ich rasch ein hinweisschild –
Im gelände eine wahrnehmungsstunde wort für ort beklomm
Brief an die korinthenkacker, nur um brot, veggieberief.
Eisenbahnstraßen und promenaden. mischen ohne zahl
Laubsägearbeiten, bastelkeller, garten- & modelleisenbahnen, holz-
Scnitzereien, pfannkuchen, ein meter weit befreiendes screien
Sciefe brandnarben auf der haut, ein H, ein H, und noch ein H
3 stoffwechselsammlung
links die kuchengartenstraße die rußschwarzen exfenster oben
drei leere bier auf einem sockel zwei glatzekahle prekäre
jvaler irgendwann gegen 14 uhr jahre dievielleicht danach dort wohnen
der polster spezi biegt heute mal seinen nackten nacken
sieht mich rechts außen vorbei
noch nicht das loch im kopfsteinpflaster
vorbeigehen mit der zeit unter der achsel (rasiert)
rettet die alten häuser!
(aus: Alsohäute, roughbooks 2010)
27. April 2018 17:44