Christian Lorenz Müller

Mücken flaumen durch
das oktobersanfte Licht,
später Pappelschnee.

4. Oktober 2021 08:26










Tobias Schoofs

WEIDE

eine weide wenn der sommer vorbei ist
eine weide nah beim fluss
von der kein blatt gefallen
und keines von der sonne
orange und rot gebissen ist

die blätter hängen und werden bleicher
sie schaukeln und werden bleicher
über dem wirbelnden fluss –
als wenn sie nicht loslassen wollten
sie sind so kalt; betrunken vom

wirbeln des windes vom fluss –
sie nehmen den winter nicht wahr

das letzte das loslässt und fällt
ins wasser zu boden

(nach William Carlos Williams)

8. Oktober 2021 19:20










Hans Thill

Predigt des Raben vom Weltgebäude herab

Leute, sagt er, ich bin ein Pfad, der zieht sich wie
ein Seil. Ein bisschen Keisser, ein bisschen Zelda,
lehre ich euch das Fluchen.

Ihr Augenengel, Faltenleute, mitoch-Ohrenkämpfer,
ihr spaziert hier noch mit einem Felsen im Genick.
Ein Gitarrist bin ich gewesen, Leute, vor dem sich

ein Vulkan verneigt. Das Manna habe ich zu loben,
Mannheim zu preisen und euer Städtchen hier ist sicher
ein Paradies auf Bröseln, gemalt von Breugel.

Leute, sagt er, alle Dinge sind mir Raben. Die Dinge
schmelzen, die Sonne trägt Flanell.
Ich preise, sagt er, den Hamsin und die Routine

auf dem Weg nach Sonstwo, Gimmeldingen, Leute.
Die Freundschaft mit der Wirklichkeit im Elul,
die will ich sehen, sagt er noch, aber im Präteritum,

und jetzt du Chochem, sagt er noch

Begrüßungsgedicht für Shimon Adaf, Ayana Erdal, Amir Eshel, Hedva Harechavi, Ayat Abou Shmeiss, Adi Wolfson, Mirko Bonné, Yevgeniy Breyger, Mara-Daria Cojocaru, Maren Kames, Steffen Popp und Anja Utler

15. Oktober 2021 10:23










Konstantin Ames

Rauchende männer rauchender
Colts korper prärede redigt reisig
Wolken verlippt inne stadt lich

ver

knallt inne spiegel Vulkan

v was so schmilzt

(Performancekünstlerin pupst« 20.10.2021)

20. Oktober 2021 12:15










Mirko Bonné

Edenkoben

Phänomenale Simulationsentlarvung
durch die Grünfinken. Es gibt sie noch,
die helle Pracht im Bronzenen und im
Silbernen und im Goldenen Oktober.
Im Garten Edenkoben ja. Die Äpfel
rollen ins Gras, das sie davon abhält,
weiter zu stürzen, weiter zur Erdmitte.
Ich gehe in der Fliegenmansarde unter
dem Dach umher, Stubenfliegenrettung,
damit nicht alles sterben muss im Licht
der ausgesperrten Sonne.
                                Die Fenster
sind verschließbare Öffnungen in Tag
und Tod. Nachts leuchtet der Regen.
Nichts leuchtet nachts wie Regen
aus dem Weinberg herauf, Regen,
der nach Riesling duftet. Die Bläue
ist groß, das Gras aber grüner, weil
ich es so will. Ich werde umziehen
ins Grünfinkenzimmer. Ich werde
die Unwirklichkeit abschütteln mit
einem Bussard als bestem Freund.

Für Ernest Wichner

*

21. Oktober 2021 14:02