Christian Lorenz Müller
AUS DEM PERSONALBÜRO EINES POETEN
Das Nomen
Sitzt hinter seinem Schreibtisch, steht an seiner Werkbank über die Jahre. Setzt gerne Fett an, wartet gutmütig und träge bis zu seiner Pensionierung oder vorzeitigen Entlassung. Adjektive zaubern ihm Farbe ins Gesicht, Verben bringen es ein paar Sätze lang auf Trab.
Das Adjektiv
Ist oft zu konventionell oder viel zu schrill. Hat die Angewohnheit, sich sofort dem stärksten Nomen um den Hals zu werfen, ganz besonders dann, wenn es paarweise oder in Gruppen auftritt. Trotzdem absolut unentbehrlich. Ein, zwei originelle Adjektive, und alle anderen Wörter lockern die Krawatten, lächeln und gehen gerne wieder ihrer Arbeit nach.
Das Verb
Kann keinen Moment lang stillsitzen. Hält die Hauptwörter in ständiger Bewegung, vertreibt die Adjektive vom Kaffeeautomaten. Sorgt unnachgiebig dafür, dass eine angefangene Sache bis zum Punkt kommt.
Das Adverb
Unscheinbar und bedürfnislos. Assistiert dem Verb bis zur Selbstverleugnung. Tritt kaum jemals in Konkurrenz zu seiner lauteren Kollegin, dem Adjektiv.
Die Konjunktion
Zeigt keinerlei Eigeninitiative. Wird nur dann lebendig, wenn es etwas zu verkuppeln gibt.
Die Präpositionen
Ungeliebte Laufburschen, die oft an der falschen Stelle stehen. Werden meist sträflich vernachlässigt. Erhalten sie nur ein wenig Aufmerksamkeit, tun sie klaglos ihren Dienst.
Die Interjektion
Riecht nach Heu und nach Mist. Abstrakte Begriffe rümpfen in ihrer Gegenwart die Nase; alle anderen Wörter erinnern sich wieder daran, woher sie kommen.