Markus Stegmann

selbst ohne nicht

der dunkelblaue silben mischte
grünblau und wetterlos verteilte
doch niemals allein selbst wenn er
dunkelblau motorlos verweilte
wenn du nach amerika-erlach willst
nehme beleuchtungen reportagen des
staubes mit „wiederkehre ich vielleicht
in rom“ erwiderte willem de kooning
in schmaler kofferfahrt auf fragiler
limmat im winterlicht „alle meine lieder“
sagte er und „ungefähr ohne tod“
tagte libelle am dunkelblauen
ausgang hing sie dir im nacken
der du alleine bist und
selbst ohne nicht

15. Oktober 2022 21:50










Markus Stegmann

Augen

Keine gute Zeit für
Weichtiere Schnecken
Mollusken sitzen Bordbatterien
und Wasservorräte in verblichenen
Schiffen filtern Waldbrand und
Wahn der überbelichteten Felder
und Wälder am Morgen fahren schwarze
Raubkatzen als schwere Schatten
dazwischen schnappen den
Blick auf See die schlafenden Hunde
vergessenen Hoffnungen
um Wege zu zertreten
wo einmal Zwischenland
war zwischen Zeit und Zenit
verlorener Faden
schliessen sich Augen
um zu verlieren was
zu verlieren war

11. September 2022 20:08










Markus Stegmann

Silver Sunset

3. September 2022 20:27










Markus Stegmann

Vielleicht

Beschreibe ich
den Rand der Welt
mit einem Traktor geduldig in
derselben Rille morgens
und abends folge ich
den verwachsenen Pfaden
warum vergass ich als ich
dem Bild der Gegend und
der Malerei des Meeres folgte
Feld für Feld stur umrundete
warum fragmentieren sich
Zikaden Wollgras der wilde
Hafer vibriert im salzigen
Wind da bin ich fort
schon dort wo die matte
Lagune mit erschöpften
Rändern tintenschwarze
Tümpel trinkt um nicht zu
versinken suche ich
sandigeres Terrain weiter
draussen zieht ein Zug
eine silberne Linie am Himmel
legen sich Pfauen
auf unsere rauen
Lippen zücken
Flamingos silberne Säbel
hinter unseren Rücken
wispern weshalb
vielleicht
und vielleicht
weshalb nicht

27. August 2022 21:28










Markus Stegmann

Lotusblüten

Gestern habe ich mein Herz
an deine Lotusblüten verloren
die immer schmaleren Wege
am Nachmittag den
Spuren der Wellen folgend
meine Malereiinsuffizienz
die sabotierenden Nerven meines
Rückenmarks im gut gepolsterten
Sitz des Passats schiebe ich
den Tag vor mir her wenn
verkommene Esel skandieren
will sie niemand mehr geschenkt
keinen Augenblick länger ertragen
als Sonne durch die Sekunden
rutscht bin ich bereits fort
dort wo deine Blüten
hinter Bergkuppen
meine Augen finden

14. August 2022 20:30










Markus Stegmann

Balkon

Im Sommer steht
der Winter flach in den
Schützengräben welches
Meer erreicht uns hier bei
den aus der Zeit gefallenen Wegen
dem Gedächtnis dem Waldbrand
vom veilchenblassen Balkon aus
sehe ich das Schwarze Meer
mit Bildern die die
Zeit löschte kehren wir
mit zufälligen Felsen zurück
wenn die nächste Nacht
flacher als es scheint
daherschleicht wer
bist du dann?

5. August 2022 17:18










Markus Stegmann

Dunst

Schritte längs des blassen Betons,

Wolken mit stumpfer Nase,

verschlossenem Tor, Bananenbäume,

Farne, löchriges Karminrot,

Kartonschachteln und

überfüllte Gewächshäuser.

Mit einer Pistole durch die Luft

geschossene Landschaft, Bauland,

verlassene Terrassen, Lastwagen.

Pflücke ich gelbe Blüten,

befestige den Mond am Morgen,

von Vögeln gefilterter Vormittag,

als aus Zisternen ein fahles Bild

auslief oder aus Mauern wuchs, steil

der Sonne ausgesetzt, heftet sich

mein Mund an den Dunst,

die Augen in die schattige Schlucht

versenkt, aus der Drehung die

nächsten Schritte scheinbar

mühelos in den Himmel gelenkt,

auf dem Weg

der wenigsten Insekten.

20. Juni 2022 20:40










Markus Stegmann

Land

Ich lief in ein Land hinein, das kein
Land mehr war. Ich wanderte einer
Strasse entlang, die nicht mehr
bestand. Ich setzte mich an einen
Fluss, der kein Fluss mehr war,
sondern ein Meer. Ich trank vom Meer,
das kein Meer mehr war, sondern
ein Mond. Ich betrat den Mond, der
kein Mond mehr war, sondern ein
Krater. Ich lief in den Krater, der
kein Krater mehr war, sondern
ein Loch. Ich fiel in das Loch, das
kein Loch mehr war, sondern …

12. März 2022 16:26










Markus Stegmann

Brombeeren

Von Säcken Zement Kartoffeln und Tabak
erzähle ich mir gerne von Lastwagen auch
mit zu viel Krieg beladene Aussicht
über Winterfelder Balkongeländer
müsste ich streichen vergessene
Plastikblumentröge traurige
Miniaturschiffe auf das Riff der
Vergangenheit gelaufen in Schlaufen
verlegen sich Wind und Wasser heute
vermengen sich mit meinen Fingern als
die Tage noch andere Tage waren
und meine Hände auch

Nur nützen die Schlaufen den Worten
wenig die ich über die Felder schwanken sah
die getrockneten erinnerten Gegenden
mit ihren Adlern und meinen Schmerzen
im Rücken fahre ich gerne fort mit Reben und
Brombeeren die ich auf kleine Leinwände patsche
dort wollen sie lieber unvollständig bleiben
und sollen es gerne sein

12. Februar 2022 11:24










Markus Stegmann

Rosaleda

Im Rosengarten Gegenlicht
trommelt Wasser in den
Brunnen regnet über
blasse Blüten hinterleuchtete
Nachmittagssonne letztes
Rosagelb des Jahres

Es ist Ende November
kleiner Engel
deine schwarze Silhouette
steht stumm im Licht
hält unbewegt
im Rauschen inne

Auf der Höhe unserer Augen
zieht ein silbriger Strahl
am Himmel alle
Instrumente im Cockpit
auf Abzug gestellt
verschwinden hinter Rosenhecken
ins Licht kein Luftzug
um Lärchen Leuchttürme
Porzellan und Tauben

Hinterm Kristallpalast
plustern sich barocke Pokale
auf der Balustrade Streiflicht
schlägt glockenheller
Himmel wirbelt Jahreszeiten
schaut schon dünner
um Mund und Maisfeld

Bleib bei mir
rosarotes Welken
ich pflücke dich
oder lieber noch
hänge mich
einfach
neben dich

3. Dezember 2017 22:03