Gerald Koll
Das fünfzigste Jahr (174)
5. April 2016, ein Dienstag
Unterströmungen reißen die Füße weg. Morgens im traulichen Zweierlei säusle ich heimelnd, doch durch die Kaldaunen des Gehirns schieben sich Formulierungen, die auf Abstand halten. Ich kann’s innerlich nicht abfließen lassen, die Wörter reißen mir die Füße weg, je mehr sie sich wälzen und schieben gegen alle Innenwände. Arbeit, Gentleman, Wucht, (… drei Punkte …), brummende Brocken schieben peristaltisch durchs Geschehen, wie soll da die Liebe schmiegen und schmieden? Und das Tagebuch ist wieder einmal Sickergrube, Dampfeimer der Dinge, die Frau S. mir um die Ohren schlüge, würde sie hineinschauen.
Gleichzeitig höchste Anhänglichkeit. Gestern zum Beispiel ließ ich Aikido sausen, weil mir nichts angenehmeres vorstellbar war, als mit Frau S. Ovid zu lesen, Tati zu schauen und den See zu umrunden – die Fluchtphase vor dem Aufbruch. Am liebsten einfach liegen bleiben, am Tropf des Alltags. Das Ungewisse ist immer noch eine Höhle, aus deren Dunkel der Drache speit. Ängste versuche ich mit Muskelkraft zu Vorfreude umzumünzen. Morgen geht es los. Wie das wohl wird mit D. an der Seite, diesem männlichen Mann, der sympathisch, loyal und belastbar wirkt, manchmal aber auch leicht chaotisch. Mal sehen, wie lange wir gelassen bleiben, wenn Pläne scheitern und wir nicht mehr wissen, wowiewann wir übernachten können.
5. April 2017 09:51