Gerald Koll
Das fünfzigste Jahr (200)
10. Mai 2016, ein Dienstag
Wieder sehr lange im Bett gelegen, zu lange. Erwacht gegen acht aus einem Traum, in dem ich – wie es die nach altem Rauch schmeckenden Traumbilder wollen – einen Zug verpasst habe. Auf dem Bahnsteig nämlich hatte ich mich verplaudert mit Freunden, bis es plötzlich sehr hektisch wurde und ich mich allein dabei wiederfand, jetzt ganz schnell zum Gleis 9 zu meinem Schnell- bzw. Fernzug zu kommen. Doch war dieses Gleis weit weg, als würden die Züge nicht auf parallel angeordneten Gleisen stehen, sondern als befänden sie sich hintereinander auf Gleisabschnitten ein- und desselben Gleises. Gleichzeitig huschte dabei eine Erinnerung an einen früheren – vielleicht vor Monaten geträumten – Traum vorüber, in dem die Schwierigkeit darin bestand, den richtigen der nebeneinander gestaffelten Bahnsteige zu erwischen …
Genug: Jedenfalls eilte ich den Steig entlang zu Gleis 9 und sah dort, jenseits eines hölzernen Schuppens, einen Zug abfahren. Ich fragte mich noch, ob das wohl meiner gewesen sei, als ich im Holzschuppen schon jenes Freundes gewahr wurde, mit dem ich vormals geplaudert hatte. Es war K., der dort auf dem Boden saß, den Rücken gegen die Bretterwand gelehnt. Der hatte den Zug wohl auch verpasst. Auch ein blonder Schaffner mit roter Schirmmütze stand bei uns und sagte süffisant lächelnd auf Nachfrage, das Ticket berechtige durchaus zum Nehmen des nächsten Zuges in einer halben Stunde (Erleichterung meinerseits), nur sei mit entsprechendem Komfort natürlich erst bei Nachzahlung eines enormen Aufschlags zu rechnen (Bestürzung meinerseits), worauf ich Blicke zu K. sandte, um mich mit ihm dahingehend zu verständigen, dass wir gemeinsam auf entsprechenden Luxus verzichten könnten, worauf wiederum der Schaffner hinzusetzte, dass man aber bei Nutzung des vorliegenden Tickets natürlich in derselben Klasse zu sitzen habe, also daher um einen Aufschlag nicht herumkäme … was mich irritierte, während ich erwachte.
10. Mai 2017 13:57