Gerald Koll
Das fünfzigste Jahr (87)
31. Oktober 2015, ein Sonnabend
9 Uhr, gleich geht’s ins Freie Training. Gestern war Hochzeitsfeier: M+C heirateten nach zwanzig Jahren wilder Ehe. Unsre Aikido-Gruppe schwang sich zu einer kreativen Verzweiflungstat auf und veranstaltete ein halb- bis dreiviertelpeinliches Schwert-Gewürge, verabfolgt von einem Spalier und Überreichung eines Rollbildes. Schön war das Rollbild, erträglich das Spalier, unterirdisch die Performance, das mit Abstand Schlechteste, was wir jemals vorgeführt haben, und es ist nicht schönzureden. Dirk und ich hatten uns schon im Vorfeld ausgeklinkt und uns damit ein wenig zu Spielverderbern gestempelt. Eine sehr stinkige I. hatte mich gestern während des Trainings daher ignoriert.
Gleichzeitig ungezügelte Freude an unserer Gruppenseligkeit auf der Tanzfläche mit lauter Albereien, tolldreisten Tänzchen, seltsamen Sangeseinlagen, ungezügelten Hochs auf das „geile Leben“, die sofort um sich griffen und wir alle gemeinsam heiser und halbbetrunken skandierten.
17 Uhr. Zwischen 9 Uhr und jetzt liegt das Freie Training, und die Welt sieht anders aus. Ich erfuhr, wie schräg die Schwert-Performance-Absage angekommen ist. Ich erfuhr, dass Dirk und ich es waren, die damals beim gemeinsamen Ideensammeln hinsichtlich einer Hochzeits-Einlage geradezu federführend waren – ein Umstand, den ich völlig verdrängt hatte, aber E. wusste es genau. Wie hatten wir so töricht sein können, da in der Pizzeria das Feuer zu schüren?
31. Oktober 2016 11:30