Gerald Koll
Das fünfzigste Jahr (92)
8. November 2015, ein Sonntag
Gestern Abend bei Frau S. in die Katzbachstraße: ein Dinner! Die Arme hatte sich allerdings einen Virus eingefangen und daran wellenweise zu leiden. Zunächst tausenderlei Gespräche über Beziehungen und Amouren, sozusagen ein gemeinsames Kreisen um unseren heißen Brei. Ich stellte mich in ein seltsames Licht: offen, bekennend bis zur törichten Selbstanklage; dann wieder verhehlend.
Schwierig genug, mich in meinem sozialen Paarverhalten verbindlich einzuordnen. Noch schwieriger in dieser Paarwerdungskonstellation. Die Zeitebenen schieben sich ineinander. Wovon ich in der Vergangenheit spreche, wird zur Zukunftsoption. Unmöglich auch, von Absichten guter und unguter Art abzusehen und die Dinge selbst zu Wort kommen zu lassen.
Zu späterer Stunde überfiel Frau S. schwallartiges Erbrechen. Mein Mitleid war sofort sabotiert von der Sorge, ob der Virus übergesprungen sei. Stak da im Topf noch der Löffel, mit dem sie abgeschmeckt hat? Heute in Lauerstellung. Zupfen im Magen sofort als Symptom verdächtigt – hat’s mich erwischt?
8. November 2016 13:16