Mathias Jeschke

DIE JAGDADLER AFGHANISTANS von William Carpenter

Heute Morgen, wir hatten bis zwei hier in Venedig in einer Bar
getrunken, der Kellner bot uns immerzu Tintenfisch und Eier
aus einer Glasschüssel an, schläfst du weiter. Und obwohl ich
die Läden für den Lärm des Gemüseboots öffne, für den Mann,
der feilscht um Gewinn und Verlust, den Klang der Pfahlramme,
die auf der anderen Seite des Kanals einen alten Palast abstützt,
schliesst du deinen Mund, und ich kann sehen, wie dein Traum
sich selbst unter deinen Lidern folgt, wie jemand, der eine Zeitung
liest oder ein erregendes Magazin im Dunkeln.
Wie kann ich dich da wecken,
und sagen, dass es für den Tod keine Überschriften gibt, dass die Stadt
Venedig, die über der schmiedeeisernen Brücke schwebende Wohnung
schon weiter entfernt sind von uns, als wir überhaupt greifen können?

Einmal besuchte uns ein Mann mit zwei Alaska-Hunden
die zur Hälfte Wolf waren, vielleicht mehr als zur Hälfte, mit ihren
weißen Augen und der Art, in der sie den Hasen jagten im Schnee.
Wir fanden einander blind. Und sogar
die Jagdadler Afghanistans tragen Kappen über ihren Augen
bis zu dem Augenblick, in dem das Wild in die Enge getrieben ist. Dann,
aufgedreht von Pflichterfüllung oder Hunger, dürfen sie fliegen.

Aus dem amerikanischen Englisch von Mathias Jeschke.

9. Oktober 2015 21:55