Gerald Koll

Die Nacht

19:52

Am Schluss der Blauen Stunde hält ein
Grillenschrei den Sommer fest – –
schrille Grüße aus dem Blaugebet
auf das sich alles eingelassen hat:

Verschwörung schwärmender Vögel

Das Ufer ist ein Saum aus blauer Tusche.
Überall Ultramarin, worin der Mond …
thront. Auf seiner Strahlenlandebahn
heben Hevelmänner ab zur Himmelfahrt
durch seine runde Luke. Er wird sichtbar:

Johann Friedrich Sörnsen

Ein Lichtbild: Das Boot ist sein Bett,
im Bug liegt ein Berg, im Rücken ein Kissen
Seegras. Das fischte und verkaufte Sörnsen
als Matratzenfüllung:

bis 1960

Vierzigfünfzig Jahre später
schiebt eine Welle Beute
an die Bootanlegestelle.
Schwer der Atem. Seufzt sie?
Grillen schweigen, Blau lässt los:

der Mond stieg nie, wir fallen

(Gedichtzyklus in acht Uhrzeiten entstanden auf der Lotseninsel Schleimünde vom 23. auf den 24. September 2010, als bei Vollmond der Sommer in den Herbst überging)

5. Dezember 2010 18:57