Thorsten Krämer
Ein Käfig für elf Arten von Traurigkeit
Die Schalen von zwei Kilo Schwarzwurzeln, ein Büschel Haare, eine Bleistiftmine, eine Handvoll Hasenkot, fünf Kopfschmerztabletten, 50 cm Kordel und ein Lorbeerblatt sehr fein schneiden und in etwas Öl anbraten. Mit reichlich Rotwein ablöschen, eine Viertelstunde weiter dünsten und dann passieren. Anschließend langsam zu einem Jus reduzieren. Mit diesem dann nach Belieben die acht Eckpunkte des Käfigs markieren.
Die elf Arten von Traurigkeit, für die dieser Käfig geeignet ist, lauten:
– die Traurigkeit eines Influencers in der Wüste
– die fünffüßige Traurigkeit
– die Traurigkeit, die ein frankophiler Elvis-Imitator nach seinem ersten Auftritt verspürt
– die Traurigkeit, die sich anfühlt wie eine kleine Raupe, die man an einem Montagmorgen in seinem Federmäppchen findet
– die ihr baldiges Verschwinden antäuschende Traurigkeit
– die silberne Traurigkeit
– die Traurigkeit einer strahlenden Herbstmaschine
– die Traurigkeit, über die man nicht spricht
– die Traurigkeit eines kernsanierten Fundbüros
– die andere Traurigkeit
– die Traurigkeit, deren rechter Ärmel ein bisschen zu lang ausfällt