Christian Lorenz Müller
Fernsehbilder aus Aleppo (10. Juni 2013)
Ihr ererbter Name, Michail Timofejewitsch,
gilt in tausend Sprachen gleichviel
wie die Wörter Aufstand und Unterdrückung,
er lässt die Augen junger Männer glänzen
und die Augen jener, die in einer Nacht
zu Greisen wurden, vor Schreck sich weiten.
Der radikalisierte Koranschüler in Pakistan
spricht ihn aus und der Kindersoldat im Kongo,
der Bodyguard des syrischen Präsidenten
und der kolumbianische Drogenbaron.
Früher, Michail Timofejewitsch,
war von der Braut des Soldaten die Rede,
heute hat der Rebell oder der Scherge des Diktators
eine Hure in Händen, die es von beiden Seiten
mit sich machen lässt, eine geliebte Hure,
die in Augenblicken namenloser Angst
an die Brust gedrückt wird, nacktes Eisen
an einem nackten Herzen.
Michail Timofejewitsch, erkannten Sie sich irgendwann
als jener Lude, der dem Sensenmann
das Sichelmagazin erfand?
Die Brust mit Orden beklimpert,
schelten Sie die Händler, schelten Sie die Politik
und scheinen dennoch stolz auf Ihr Werk,
stolz auf Ihren Namen, den schon Ihr Vater trug,
ein Bauer, ein einfacher Mann,
den kaum jemand kannte.