Mathias Jeschke
Literaturmuseum der Moderne
Ein Leitmotiv im Film über mein
Leben sind die Rufe der Bussarde.
Auf das akustische Signal folgt
der Kameraschwenk, so wie ich
immer meinen Kopf wende, um mich
neu zu orientieren, anhand der
Bussard-Koordinaten herauszufinden,
wo im Raum ich mich befinde.
Den Soundtrack liefert ein öffentlich-
rechtlicher Radiosender im Norden
oder Süden, der die Musik meiner
Kindheit und Jugend spielt, versetzt
mit knappen Informationen zum
Tagesgeschehen, einem launigen
Schlagabtausch zwischen Moderator
und Wetterfrosch und allen Toren.
Die Texte werden nach den Gesetzen
des Betriebes vergehen, ich könnte
auch gleich ein Feuer im Garten
entfachen. Dennoch schreibe ich
weiter, das gehört zu diesen schrägen
Absurditäten, die ja nicht nur mein
Leben bietet. Die Kinder zumindest
danken es mir. Und mich drängt es.
Was ich in Marbach denn abliefern
soll, wenn nicht meine Festplatte,
frage ich die Leiterin. Sie zeigt mir
einen Fotoapparat, eine Musik-Cassette
und Stachelschweinstacheln. Ich
denke an manches, was ich Zeit meines
Lebens angesammelt habe, weiß aber
plötzlich: Meine Stimme wird bleiben.
Warum meine Stimme? Meine Stimme
fügt zusammen, sie überbrückt und
vermittelt. Nicht immer freundlich,
zugegeben, aber ich bemühe mich,
ihr Manieren beizubringen. Sie findet
schnell Freunde bei Kindern, das
macht auch mir Riesenspaß. Und ich
spür immer, ja, da ist was lebendig.