Christine Kappe
Nordstadt
Die abblätternden Brandwände, die überall sichtbar werden, wo die Stadt aufgebrochen ist; der Himmel scheint durch und es sieht aus, als ob alles ganz einfach wär, wie aus Lego.
Zwei Jugendliche haben Bananen, Eier und Toastbrot gekauft. Jetzt essen sie jeder eine Banane und überlegen, wie sie die Sachen ohne Rucksack mit dem Rad nachhause bekommen. Das Toastbrot ist schnell auf den Gepäckträger geklemmt und deformiert. Den Eiern droht dasselbe, doch im letzten Moment siegt die Vernunft und der Junge, der sich den Rest Bananen in die Jackentasche gestopft hat, nimmt die Eier unter den Arm und eiert einhändig davon.
Vom nahegelegenen Altenwohnheim kommt einer mit Rollator herein und versucht, in der Eingangshalle des Einkaufszentrums etwas Leben abzugreifen. Aber es ist nichts los, die Polizeistation geschlossen. Nur eine alte Frau versucht hier zu sitzen, ohne etwas zu bestellen, und ich gebe Milch und Zucker zurück und dann rechnen sie falsch ab.
Ein Junge, der an der Kasse die ganze Zeit seine Mutter genervt hat, sie solle ihm was kaufen, tritt die eben erstandene Tüte mit Kleintierstreu bis sie zerplatzt.
Als ich gehe, brüllt jemand vom Balkon hinter mir her, doch ich dreh mich nicht um! Er brüllt auch hinter anderen Leuten auf der Straße her. Von der anderen Straßenseite linse ich nochmal hinüber – er hat endlich jemanden gefunden, der ihm ein paar vom Wäscheständer heruntergewehte Kleidungsstücke aufhebt und hochwirft. Eigentlich sieht er ganz sympathisch aus und unterhält sich jetzt mit dem Passanten.