Mirko Bonné

Vogelbeeren in Reillanne

Noch immer blinkt das Blätteraluminium
der Pappeln im Wind, immer noch kommt
grasgrün das Gras zurück. Die kleine blaue
Feder schwebt in den Müll, und ein Schwarm
Stare stiebt auf und ist einen Atemzug später
der Punkteschatten über der sonnenbefluteten
Straße. Weil wir befreundet sind, erklettern wir
Krater gemeinsam. Und oben, lachen wir es aus,
das Feuer, mein Lieber, ehe wir zurückschlendern
ins Tal, um im nächsten Dorf ein, zwei kühle Glas
Empedokles zu zischen. Es gibt nur ein einziges
Leben, und das ist endlos. In der Augusthitze,
in den Gewittern und der alles überdauernden
Kargheit, verrückt sich der Alltagsballast und
verliert an Gewicht. Hörst du, Tschaikowskis
Melodie klingt durch die Violinen der Zikaden.
Mit dem guten Recht der Dörfer erklär dich
zum Mittelpunkt deiner Welt. In den Städten
gibt es keine Unterschiede mehr. Hölle gleich
Himmel, beide nur Zellophan. Aber weiter blinkt
im heißen Wind das Pappellaub. Grillenbratschen.
Hör dein Herz, du brauchst dazu kein Stethoskop.
Es hat eine Melodie. Sei hier, bei dir, in Reillanne.
Sieh sie dir an, hör hin. Die Vogelbeeren sind rot.

*

12. Juni 2025 11:01