Nikolai Vogel

Der März begonnen

der Februar vergangen

1. März 2010 03:34










Sylvia Geist

Brom

geschah mir
das im purpurschneckenschlummer? jenes heim das mich umfing
dem ich mich anschmiegte dass ich nur so stürzte
mmmmdies tat das nicht mich endlich in den tag
entwand mit dem rückgrat einer wendeltreppe? möglich

kein unterliegen
fällt schwerer als ein anderes in wirklichkeit. einmal
bin ich die weiche schleppe die ins laken geknotet
mmmmihr besseres gedächtnis buckeln muss ihr wünschen und irren
ein andermal erwischt mein schlaf mich überall

zieht mich
auf den flur zwischen den häusern und ich
klappere vor meiner tür. nicht mehr als der unversehrte
mmmmmüll. was aus ihm werden könnte mit der antwort
die er sich gibt. wie konntest du.

2. März 2010 13:56










Hendrik Rost

Keimzelle

Was Macht ist, fragst du
mich, ausgerechnet, aber
das macht nichts, eine Frage,
die niemand beherrscht
vielleicht. Seit wir uns
kennen, ist alles Jahre her,
was kränkt und was weiß
ich, aber es bleiben die
Mechanismen, andere
für dumm zu lieben.

2. März 2010 15:37










Kerstin Preiwuß

William Wordsworth:

I would enshrine the spirit of past/For future restoration
Ich möchte den Geist der Vergangenheit/für zukünftige Heilung einbalsamieren.

Geht das?

3. März 2010 19:12










Mirko Bonné

Ich würde den Geist der vergangenen
bewahren für künftige … tja … Wiederherstellung?

So in etwa.

Herzlich!

4. März 2010 20:17










Andreas H. Drescher

EFHARISTO 51 I VON II

Die Hände befriedet vor verzogenen Straßenecken. Gelockt und offen soso, hergegeben, rabiater eingeschlachtet selbst als jeder Metzgerladen. Der Apotheker stammt aus einer durchgezogenen Linie, vielleicht sogar aus zwei, aus einem X. Grapschend, wie es sich gehört, schräg vom Müll und eingeebnet wie nur er das kann. Die Angel sirrt als letztes Hundefutter, Händefutter. Ist das noch Thema? Ein Bonbon, auswärts sehr sauer. Aus sprachlicher Sicht: Sie stehen vorbei. Kreisender Rost. Von mit und mit gekommen. Auch ein saures Bonbon ruft nach seiner Quittung. Neugriechisch mutiert. Im Arsch der Unbezahlbarkeit. Nur noch die Blindheit Prospero. Bis in die Zunge, bis in die Geschmacksknospen hinein. Gealterte Geschmäcker. Altgriechisch verkrochen. Seit wie vielen Jahren sagst du das? Geil? Ehrlich? Jetzt? Am Wochenende noch legst du das Adverb flach? Genial! Ehrlich! Für immer im Rasieren muss gemein sein. Oder es wird besser. Durch den Poller des Themistokles. Ich hab mich schlapp gelacht. Dick muss es sein. Dick muss es sein so früh. Auch wenn die Straßenschilder fliegen. Verstehst du? Diskussionen, Diskussionen. Europa hat sich in die Zeushöhle verschwommen. Nun liegt sie auf dem Fischmarkt zwischen Dorschen. Weiß. Das trifft. Natürlich. Was heißt „Behindertenparkplatz“ nochmal auf Griechisch? Ganz gleich. Hauptsache mit dem Verband. Keine Preziosen. Ums Einrenken geht es, um sonst nichts. Nein, auch kein Zucker. Es ist das System. Bevor du dein Zeitalter verleihst, wasch erst mal dein Gesicht. Sicher, das reicht! Sososo lange es nicht nach Küche riecht… Vergiss den Blupp. So eine Affäre treibt sich selber an, kapiert? So überkrustet macht selbst die Parkbank nur noch zu auf zu. Wer? Na, die aufgeschrieben ist. Die Prinzessin bei der ersten Ankunft. Natürlich ist dein Haus auch unterwegs. Feuer in der Metzgerei. Daran vorbei gefahren. Oh, verdammt! Ein kurzer Pfiff und dann daran vorbei. Mit spitzen Lippen. Ja, warum! Na, dann sag du mir doch, wie ich noch breiter pfeifen soll! Gelbes Gesponsor aus. Zögernd, mundlang aufgepasst. Inklusive deiner Unterschrift. Dick wird das jetzt. Wer hat die Portugiesen an der Hand? Wer Spanien? Die Griechen doch! Lehnt sich der Krämer jetzt herüber. Und lernt „Süden“ neu zu buchstabieren. Was denn? Hunger? Ach, das Pack! Lasst uns lieber von der Sprache reden. Die ist es, die die Prinzessin schützt auf ihrer zweiten Fischerfahrt. Sie und ob sie wirkt. Schnell das Bonbon und die Maxime. Gestern erst war ich beim Metzger. Wer hat die Form und wer ist wer? Das fließt ab. Wohin? In seine vor-, vielleicht sogar in seine letzte Prophezeiung. Verzeihung. Nur Mama Europa knatscht als Dorsch auf dem Bonbon herum. Das ist kein Köder. Neinnein, das ist kein Köder. Der Milchgeruch und Fahrten. Alles klar? Das beult sich aus. Ja, jetzt am Montag. Ach, das wird nicht klarer. Fassen wir zusammen. Schritt vorüberaufundin den Gulli. Ach Philippika, ach, ach! Die Schmähung unsres Perikles beginnt jetzt im Discounter. Langsam! Der genuine Reflex ist diesmal nicht, dem Lästerhans den Diener mit der Lampe mitzugeben. Das ist neu, dass jeder aufschreibt, das er zu zahlen hat. Exorismem, EZB, erweitert um den Dorsch der Schuldner, Spiegel: Geber, Nehmer. Nun werden die Symptome auf der Kreuzung zelebriert. Gelöstes Kapital in einer Plastiktüte. Gelbe Rippen. Klirrende Ouzo-Gläser, groß und blind. Bei aller Durchsichtigkeit. Sagst du das? Nein? Dann sag das doch! Da haben wir es wieder: Es ist und bleibt ein sprachliches Problem. Altgriechisch, Neugriechisch… Ist beides nicht zu lesen. Moral und Schall, ok! Verzinst und reguliert. Ein Schild. Die Polizei. Durchsichtigkeit, ein Seitenweg ist schöner. Obwohl ich auch nicht glaube, das das lange hilft. Aber? Tatsächlich! Guck dir das mal an! Unglaublich. Dreck macht Speck. Patsch, ist der Patient gescheit. Mit einer einzigen Ohrfeige.

Was bleibt jetzt noch zu sagen?

Ausgespuckt und SCHLUSS.

8. März 2010 11:55










Andreas H. Drescher

EFHARISTO DES WETTBÜROS II VON II

Die Füße auf der Bahn in Richtung Schlacht. Die Metzgerfüße ein- und ausgezogen. Zart, sehr zart Gestolpertes. Ein Blumenhändler für fleischfressende Pflanzen. Eine Frau Bestatterin in jeder Blüte. Soso bleiben sie, die Dinge selbst. Auch, was loslässt, lässt nie wieder los. Gerade in dern Saft und ausgebeult wie ausgebeutet. Die Tür quietscht aus in letztes Katzenkreischen. Füßefauchen, auch und auch. Aber sie schweigen es, sie denken es nicht mal. Fleisch, so weiß und süß, wie´s nur das Schweigen kann. Katzen sitzen sich auch schon mal selber aus. Kreisende Fleische, die einander Pfoten schlucken. Bargeldlos, ein Pal. Wuff, ein Pay-Pal, ein halbes Prozent. Gesichtsverleiher, ausbezahlt mit Spielgeld, Blechgeld, Schummelgeld. Katzen aus Spanien, Katzen aus Portugal, Katzen aus Griechenland. Verkocht vom Blütenstängel. Die Kater als Genossenschaft, mit Kater Raiffeisen als letztem Substantiv. Alles muss gemeinsam sein, nicht wahr! Das Schild zur Einbahnstraße ist noch nicht begossen. Er versteht die Ruhe wie sie ganz. Auch wenn er inzwischen beim Wechselunterschreiben schon beide Pfoten nimmt. Ist klar? Und bei dir? Pfotiges E, pfotiges Z, pfotiges B. Fleisch, das Fleisch verabschiedet. Oh! Was heißt nochmal Stoßstange auf Spanisch? Ach ja! Hauptsache gesund! Die ausgelegten Krallen gehen ein. Ein Zurück, mein kein Zurück. Unsystematisch. Zeitlos ausgerechnet. Ja klar! Kniehelenen, sososo ist das gelaufen. Ach wo! Vergiss es! Was nach Müll riecht, wird auch keine Katze kaufen. Ausgebremst, versteh mich doch! So schön graviert zahlt sich kein Bankrotteur mehr ein. Raiff für die Insel. Raiff schleckt seine Produktivstreusel auf. Natürlich geht das so! Eine Katzenklappe geht auf Raisen. IBAN-Linie. Auf Eis gleitend, entflohen. Da komm ich grad rüber! Miauer, aua, aus und aus. Neinnein! Dann ist schon aus. Ob das was? Ob das eine Arbeitsanweisung ist? Nein! Das sind die Zecken! Auch Katzen fangen sich schon einmal Zecken ein. Zahlungsanweisungen, sag ich doch! Mir geht das genausoso. Sechs Uhr zwölf Uhr ach, zehn Uhr? Katzenschwanz und Kapital. Das ist ja wirklich… Nicht? Warum? Zähl doch mal auf! Nach der Arbeit? Wieso nach der Arbeit? Bingbong! Ab jetzt wird auf von neun bis fünf gezählt. Architektur war, Bildhauerei war, Kritzelei war. Mann, ist mir das über! Der LKW verwirft das Fleisch des Blumenhändlers jetzt in die Dolden. Dann gehst du hin und rufst nochmal. Der Blick, dem Blick, den Seitenblick. Farben schnupft das, lässt das fließen. Vereinigter Blumenfeldgeruch. Ach, so ein Duft geht schließlich aus! Hmhm. Auch wenn das noch so lange läuft, es ruft doch seine Steigerung. Dann geht es einfach nur noch so. Tschüss! Flucht ins Ampelgrün, dann Flucht ins Ampelrot. Gorgias kauft sich ein neues Fahrrad. Lach nicht! Nein! Lach nicht! Ein Wiederverkauf kommt gar nicht in Frage. Aigisthos nun als fleischfressende Pflanze. Der Chef kommt selbst. Als Bademeister. Gemischte Zuckungen zum Schalter und wieder zurück. Zwischennetztische, langsam rotierend, langsamer rotierend, schneller. Zahl und Zahl. Wer zahltzahltdrauf. Das Bankgeheimnis eingeschlossen. Ein Ungenehmigte mit einem Knüppel aufgelöst. Mit mehr als einem Knüppel. Die Kapitalaufstockung bis ins Gras. Plumps, ein Aus. Und plumps, ein Neuanfang. Füße in der Luft, dann Füße in der Erde. Geh zum Papa. Mama hat jetzt keine Zeit. Raiffeisen wagnert sich inzwischen selber aus und macht Rendite überm Rost und weiter. Wo gehen wir hin? Sagst du irgendwas? Narkoleptika, Zirkelschluss, Zivilschutz und Echo als verliebte Jungfer. Undurchsichtigkeiten, Unübersichtlichkeiten. Papas Sprünge zur Seite. Was du nicht glaubst, langt dir auch lang. Ach, hilflos! Aberaber! Papa ist gestorben. Es war zu ausgedünnt. Das ist seine Aufgabe. Nun ist seine Aufgabe hinter den Dolden.

So, jetzt komm! Kommkomm, nimm endlich deine Ohrfeige zurück.

Selbstverständlich kann ein E dich schlagen, bis ins Z herunter, bis ins B herauf.

10. März 2010 12:29










Markus Stegmann

die klopfen?

„Nur das Gelenk noch, den Schädel gipsen, Schlacht bestellen, die Erde, Andromeda: falscher, flacher Blick schlang deine betrübte, deine angefassten Arme um meinen, meinen gelandeten Kapitän, Kapitän.“
„Meinst du, das geht wirklich?“
Behilft sich, aber schläft schlecht.
„Welche Bringer sind es, die klopfen?“
„Martha, mein Helfer ist die letzte Nacht als Nomade gelangt in den Zwischenraum der Erlen.“
„Wir zelten, Leander, aber die Zone bleibt frei.“
Wer will widersprechen. Los, meine Liebe, die Patienten kommen.

10. März 2010 23:59










Sylvia Geist

Bodum

Rätsel, ist das nicht eine Begebenheit, wären es drei,
sieben, neun, die man behielt, weil sie einander folgten.
Auch der Satz, das um uns sei magisch, ist es nicht
weniger als die Geschichte, die ihn beweisen soll, oder
der Küchentisch, an dem ich meinen Zug verpasse,
um davon zu hören, und es dauert kaum länger als
ein Entenplätschern, ein Quaken, sich irgendetwas
vorzustellen. Standhafter bleiben die übrigen Aufgaben,

die Mechanik der Kaffeekanne, beim Säubern des Filters
die Ratlosigkeit vor Teilen, bis einem das Ganze wieder
bekannt vorkommt. Zur Geschichte: weder die Nummer,
von Kindern oder Böen gekritzelt auf die Staubhaut
des Wagens, in dem jemand dem Unfall entkam, noch
dass ich beten lernte, bevor es mich rettete vor einem
grauen VW Passat, ordnet, was uns übern Kopf hinweg
passiert, an zur Formation, etwa der eines Pfeils Enten

in eine bestimmte Himmelsrichtung. Eine übrigens holte
mich mal aus ganz kurzem Flug, knallte auf das Wasserloch
bei der alten Zünderfabrik, wo ich damals wohnte, nachts,
so dass ich nicht mehr weiß, ob ich denn meine Arme hatte
ausbreiten müssen. Die Dinge träumen, lesbar wie das flüchtige
Zusammentreffen der Schwerkraft mit den Teilchen am Grund
dieser Kanne. Rätsel, am liebsten ist es mir unerschütterlich
als Kaffeenebensatz, wenn es heißt: „Dreh den Boden um.“

für Dieter M. Gräf

13. März 2010 15:20










Mirko Bonné

Einsicht

So hören alle Träume wohl auf
wachsen nicht sondern gehn drauf
was solls mich kümmerts nicht mehr
mehr wollen will ich nicht mehr
ich fürcht mich nicht nicht ein Stück
ich seh zu wie sie weggehn nur weg
aber ich weiß noch, wir waren jung
waren die die sich gebärden wie Müll
die mit dem Sinn für Stil das Gefühl
vermitteln du bist im Recht
weißt du nicht du bist im Recht
ich fürcht mich nicht mehr ein Stück
ich behalte die Türe im Blick
aber ich weiß noch …
Geheul und Gezeter für dich
noch mehr Aufhebens um dich
spiegelt einen Punkt in der Zeit
einen bestimmten Punkt in der Zeit
ja wir vergeudeten bloß Zeit
wir hatten nicht wirklich Zeit
aber wir wissen … wir waren jung
und alle ihr Engel Gottes gebt acht
und alle ihre Richter gebt acht
ihr Glückskinder passt gut auf
auf all die Verschwundnen zuhauf
ich fürchte mich nicht mehr

Joy Division

*

Album (4), 2002

*

17. März 2010 18:36










Hartmut Abendschein

Kung (schon wieder frühling)

DU   KUNG
ICH  KUNG
WIR  KUNG

Carlo Edoardo Lischetti

19. März 2010 14:15










Carsten Zimmermann

über literatur

Erste Stimme: Ich wache auf und stehe auf und sehe nichts. Nichts! Pure Unsichtbarkeit von allem, Unkenntlichkeit, formlose Finsternis, dunkle Blendung.

Zweite Stimme: Sehen Sie an! Ich aber sehe jederzeit alles vollkommen klar bis in die feinsten filigransten Verästelungen hinein, völlige Klarheit aller Formen, grenzenlose Sichtbarkeit, grenzenloser Sturz in nichts als Transparenz! Ich sehe Sie in der selben Klarheit.

Erste Stimme: Rabenschwarz, Rabenschwarz jetzt, rabenschwarze Tür, durch die ich gehe in einen rabenschwarzen Gang, durch den ich gehe in Rabenschwarz hinein. Rabenschwarz, Sturzbäche von Rabenschwarz nach allen Seiten weg, Eruptionen von Dunkelheit in Dunkelheit hinein, ein Gestöber von Schwarz in Schwarz, Rabenschwarz.
Lassen Sie mich nachdenken: Träne im Knopfloch, Unterwasserauge. Niemand sieht den, der sieht. Ich wünsche mir nichts, überhaupt nichts. Mir kann alles gestohlen bleiben.
Blutschwarz, Bluthusten, Erbrechen von Gesangspartikeln. Lieber Herr Gesangsverein! Es ist doch so: Sie gehen auf die Straße, das Zischen der Forsythien in den Vorgärten, Zischeln, Tuscheln, dabei Brummen von Asphalt im Untergrund. Was soll man machen.

Dritte Stimme: Ich bin nicht geneigt, Ihnen weiter zuzuhören!

Vierte Stimme: Die Welt krankt an Achtlosigkeit. Davon bin ich völlig überzeugt. Alle sind achtlos, jeder ist mit irgend etwas anderem beschäftigt, völlig fixiert auf irgend etwas Beliebiges. Daher geht alles zugrunde.

Erste Stimme: Eng, eng ist es. Wie eng! Um Himmels willen! Eng ist es. Man kommt überhaupt nicht mehr heraus, fest hängt man, schreckliches Geflecht, Druck von allen Seiten, Quetschungen, Blutergüsse. Allmähliche Blaufärbung. Zwetschgenschnaps.

Vierte Stimme: Niemand sieht mehr hin, niemand hört mehr hin. Völlige Achtlosigkeit.

Erste Stimme: Ich gehe hier so lang, es ist Nacht, die Mondtrompete schmettert ihr Unterwasserlied, Echo von allen Seiten. Algenphantasie. Man könnte den Raum in feine blaue Scheibchen schneiden. Würde munden. Auch als Pupillenkosmetik geeignet, sanfte Applikation, natürliches Heilmittel.

Dritte Stimme: Schreiten wir also zur Grundsteinlegung.

21. März 2010 13:49










Sünje Lewejohann

Heilige

Heilige
das Laken darauf
ein gelangweilter Körper
dem der Kopf hinterher nickt.
Eine Ameisenkönigin
die sich zwischen Sonnenstrahlen
und windiger Nische auf die Dielen wirft. Dreht
immer im Kreis sich dreht mit
feuchten Flügeln Taille
Holzfehler und Kerben
an den krummen Zehen
Wie Christusfüße
ein Aufbegehren
andauernde Visionen und
auf das was geliebt wird
pisst der Kater.
Landschaft nur Häuser und leere Balkone verstädtert
die Haut die Blicke die gebogenen Füße immer noch
ein Brummen des Kühlschranks
Mittagssonne
Schlaf
fernsehen.
Steine die aus der Haut wachsen
Im Hinterhof ein Rudel Hunde.

22. März 2010 09:56










Kerstin Preiwuß

Legende

Einmal gab es eine Frau, deren Vater starb, als sie im Urlaub war. Sie erfuhr am Telefon davon. Sie erholte sich und lebte weiter. Vier Jahre danach hatte ihr Stiefvater einen tödlichen Autounfall. Sie erfuhr am Telefon davon, fuhr zum Unfallort, saß drei Tage an seinem Bett, bis er gestorben war, und lebte weiter. Zwar blieb sie äußerlich unbeteiligt, aber sie hatte von allem doch einen inneren Schaden genommen, so dass sie beschloss, um zukünftigen schlechten Nachrichten entgehen zu können, sich in die Einsiedelei zurückzuziehen. Sie zog in eine Höhle und richtete sich dort ein. Es war wie im Himmel, denn nichts von der Welt drang mehr zu ihr. So lebte sie ohne ein Gefühl für Zeit und es war gut. Eines Tages jedoch hörte sie dem Vogelgesang länger zu und bemerkte dabei, dass sie ihn verstehen konnte. Entsetzt lief sie in ihre Höhle zurück, aber in der Höhle begriff sie, dass die Steine murmelten und sie das Gemurmel der Steine verstehen konnte. Die Vögel sprachen, die Steine sprachen, und alle erzählten sich, wer gerade aus der Welt geschieden war und wer es bald tun würde. So erfuhr sie, die sich an einen Ort begeben hatte, der wie außerhalb von allem war, von allem zuerst.

23. März 2010 13:38










Sylvia Geist

Quecksilber

zwischen wach
und wacher geteilt in schweiß und brand war
es so mein schrecken in kindlichen fiebern? die stiegen
mmmmin einen körper den es noch nicht gab oder
nicht mehr. der fror. eine blühende haut um
mmmmdie geister sich scharten. sommer in den kapillaren
mmmm mmmmder zweige vor dem fenster und das gesumm
mmmm mmmm mmmmaus dem zimmer nebenan geweht in mein draußen:
irgendein keim… übern weißen fleck wand lief das stirnding
mmmmdas geht jetzt um auf wunderlands äckern also vorbei.
orientieren nach

echos echo
tieren nach dem mit dem horn über die
augenweide fand ich nicht heim machte nicht halt… her
mmmmwas kalt macht! löffel wie widerworte auf die zunge
gezwungen bis die schatten schulter an schulter zusammen
mmmmgewachsen – vater mutter die ausgedachte schwester und alle
mmmm mmmmtröstlichen gesichte – gegen morgen hin zu keinem verschwammen
mmmm mmmm mmmmim lichte der erde aus kunststoff meiner einzigen
lampe. was könnte friedlicher sein als die hitze vergangen
mmmmunterm gegenzauber eines pilzes die rückkehr aus langen ferien
von allem

die begrüßung
der dinge die man wiedererkennt nach der umschrift
früherer rezepte: verdünnung aufguss surrogat. das märchen von zuhause.
mmmmaber da stand das haus. die leergeregnete kirsche und
der rest der welt. mad as a hatter
mmmmhöchstens noch die wühlmaus die aus ihrem garten
mmmm mmmmunter dem rasen nichts vertrieb sowie das wetter
mmmm mmmm mmmmdas über die scheiben strich und schrieb. genesen
sagte mir nichts. zur nacht wurde es klar. verankert
mmmmin ihrem funkelpelz der baum. das tropfen. es hieß
fort gewesen.

25. März 2010 14:17










Björn Kiehne

Ehre dem Vater

Manchmal weißt du nicht
wohin mit all den Straßen
und den Wiegenliedern
im Gepäck. Leb meinen
Traum, hat er gesagt,
und ließ dich allein.
Du irrst durch die Stadt,
untertitelst den Regen in
einer Sprache, die du
nicht verstehst. Wohin
treiben die Wolken, wohin
treibt dieser Tag, wo
enden die Straßen, wo
endet dein Vertrag.

26. März 2010 01:24










Carsten Zimmermann

Aus der Aphorismen-Kiste

Meinen ist Träumen.

26. März 2010 11:59










Sünje Lewejohann

In den Hirschen

einmal in den hirschen sein
mit ihren augen den wald erblicken sich
auf klauen fortbewegen im laub
auftreten und nichts anderes kennen
sich in den fang der füchsin verlieben
ihre blitzenden zähne sich an die kehle wünschen
die flanke zittern lassen ein geräusch
ausstoßen das sich von einem körper zum nächsten trägt
dachs hase reh neigen ihre köpfe
einmal unter der krone aus blättern sein
das laub niedertreten
am lieblingsbaum kurz rasten das geweih
in ein anderes verhaken den kopf heben und rufen
rufen
den waldrand beäugen
sich nicht verführen lassen.

26. März 2010 22:20










Andreas H. Drescher

NOCH EINMAL GRIECHENLAND

In den Schulen singen die Kinder
während das Feuer ihre Dörfer erreicht

27. März 2010 07:33










Mirko Bonné

Bilder vom Beginn

Auf zwei Fotografien von Luis Gabriel do Rêgo Silva

Aufflattert eine Taube in Valencia:
Die Flügel ausgebreitet, zeigt das Bild
von oben Decken, Daumenfittich, Schirm,
ein Weiß und ein Gefieder, das gleich fliegt.
Der Fotograf ist jung, er steht am Anfang,
und strenggenommen ist er noch ein Kind,
auf Sommerferien an der Costa Blanca.
Das Auge hat ein Auge und geht auf.

Der Apparat war ganz aus Eschenholz,
der Rumpf, das Leitwerk, seine Flügel
auf Fahrradreifen von Papier bespannt,
die frühe Sonne fiel durch den Aeroplan.
Er hatte einen Sternmotor und Treibstoff
für eine knappe Stunde Flug nicht höher
als hundert Meter überm Meer. So stieg
Louis Blériot im Juli 1909 auf in die Luft.

Auf einem Farbfoto von einer Möwe,
das hundert Jahre später weiß auf Blau
der junge Fotograf in Benidorm schießt,
sieht man den Vogel gleiten, den Moment
lebendig werden, Klippen, Gras und Meer,
man sieht die Luft, die trägt, wie zu Beginn
des ersten Flugs nach Dover, als Blériot
am Morgen abhob in Calais und aufstieg.

Wie war ihm, hundert Meter droben
allein dahinzuknattern, Wind im Bart,
was dachte er die halbe Stunde lang,
die Kreidefelsen vor sich, im Geschrei
der Möwen, lernte er nicht sterben?
Die Bilder der zwei Vögel halten fest,
wie der Beginn, der immer lernen muss,
ein Vogel wird, ein Flieger oder Fotograf.

*
http://001.images.atoo.net/atooentreprise/122/122/phototheque/20090805781581.jpg

*

29. März 2010 11:45










Hans Thill

Haus der Silben

fachwerk 1

Foto: Jean-Philippe Baudoin


Die Agraffe
Das trockene Haus, das trockene Holz, das trockene Geld, der trockene Schuh. Sie trug verziertes Silber um den Hals, ein anderes Stück an ihren Fesseln. Einmal hat es geklingelt, alle haben es gehört, nur nicht die Ohren des Propheten. Der hatte ihr anfangs noch Spielzeug gebracht. Emily mit den fünf Religionen. Es war ein Akt der Nächstenliebe, ein Klingeln vor Verdurstenden. Auf Wunsch schrieb sie in einen Sand mit ihren Füßen einen gesagten Satz. Auf Wunsch zeigte sie eine Kerze noch im hohen Alter.

31. März 2010 10:23