Hendrik Rost

Assessment

Der Bettler mit der Krücke, den ich täglich auf dem Gänsemarkt stehen sehe und dem ich öfters schon etwas Geld gegeben habe, obwohl er es für Branntwein ausgibt, lief heute aufrecht und beschwingt über den Platz. Entgegen kam ihm eine Frau an zwei Krücken mit einem amputierten Unterschenkel. Er sah aufmerksam zu ihr und betrachtete das fehlende Bein. Womöglich kam ihm der Gedanke, dass, egal, was man auch tut und aufbietet, es gibt immer noch jemanden, der besser ist. Das ist nicht nur eine Tatsache, sondern auch ein Trost, denn ich kann ihm Geld geben, ohne wissen zu müssen, was er dafür leistet oder ist. Vielleicht kommt ja heute sogar niemand zu mir und verlangt zu wissen, ob ich mein Geld wert bin. Ich tu, was ich kann. Aber noch ist alles dran.

20. Februar 2013 15:32