Hans Thill

Zettel

10. Mai 2020 09:35










Hans Thill

Hans Test

Test spricht in Rätseln, schreibt in Rätseln, was er denkt, ist der Nachgeschmack einer gestrigen Tatsache. Test und Tatsachen? Nach einer halben Stunde ist das Haar noch nicht trocken. Beständige Gedanken machen ihn unruhig. Wird es schwierig, streitet er alles ab. Geistige Tatsachen von gestern. Test fragt sich, warum sie nicht längst aufgebraucht sind. Test sieht den Schmerz, den andere ertragen müssen. Auch der Schmerz ist ein Rest. Er vergeht wie ein Geräusch, oder er bleibt hängen. Test kennt keinen Schmerz, er weiß noch nicht mal wie man friert.

21. April 2020 20:51










Hans Thill

Textikel

DAS KIND, ein Licht kann es locken, der Kopf einer Blume. Wir suchen die Wahrheit im erschrockenen Wort. Das Kind mit der Schraube im Mund, es will sie schlucken. Ein Gewinde von sieben Zoll Steigung, das Fahrrad ist längst geklaut, man schiebt es am Läuterungsberg. Dante, ein Knabe von vier und schon in der Hölle? Es geht Zoll um Zoll, wir geben nicht nach. Das Auge nimmt Maß, Dante greift in die Vollen. Der letzte, der das Licht löscht, als wäre es das Schwarze unterm Nagel, ist der Mönch, ein barfüßiges Etwas, nicht viel mehr als das Kind.

1. April 2020 08:25










Hans Thill

Textikel

DAS QUECKSILBER, so rasch wie edel, insgesamt Metall. Wir aßen von Gabeln. Wir sagten Geben Geben Geben, es war im Krieg im Kreis der Familie, als das Fieber aufkam. Man geht spazieren am Fluß und oft sind die Überbringer von Nachrichten weiblich, haben auch sonst ein lockeres Geld, mal braun mal weiß aus dem Täschchen die grünen Scheine. Mit etwas Kraft ist der Schuh schon gelöst, auch wenn die Bindung ein Kleber ist, der noch mit den Jahren härtet. Den Boden berühren ist eine Kunst, ebenso die Sprünge der Temperatur, es war Oktober, ein Anfang mit herbem schmalem Gold. Das Fracksilber. Das Klappsilber. Das Sprungeisen

22. März 2020 11:41










Hans Thill

zwanzig twenty vingt dwaceći

Zwanzig Zwanzig
 
Zwei Schwäne der Generation Z
wann wann auf einem stillen
See, doch bereits im Dorf der Vögel
nimmt die Zeit Reissaus in Richtung Cis.
Wir heissen Findefinger allweil
bei den Geschwistern Grimm.
Nu mach mr heeme
 
 
Twenty Twenty
 
Twitt twitt, costumers of all years
say hello to the seasons! Times
when two birds majestically swim
through Little No Swans. Many
of course, are going home there
like a wandering zet
to the twins
 
 
Vingt Vingt
 
Viens-donc fais-le, fais ton zet juste
sur le lac, il y a un pacte entre deux
cygnes et un ciseaux. Chacun à trouver
son trou aux bords du village des oiseaux
nomen est ombre. Tu te nommais
temps d´antan, tu te nommais
soin soin
 

dwaceći dwaceći
 
Kołpaj generacije Z
něhdy něhdy na měrnym
jězorje, tola hižo we wsy ptačkow
ćeknje čas w směrje na cis.
Mjenujemy so porsty namakanja přeco
Pola bratrow Grimmec.
Nět ha du dom

(Sorbische Fassung von Roža Domascyna)

4. Januar 2020 17:24










Hans Thill

Goldfische VII

(…)

Sur le bord, d’albes déités,

WEISSGOTTHEITEN wie man sie kennt bei
Ranke-Graves finden hier keine Verwendung.
An Bord wird mit Kies gearbeitet, Gemisch
aus Altöl und Beton, von Rheinpreußen
und ihren Töchtern gern genutzt als Alibi

Délicieusement exsangues,

Die Ex noch im Blut, warf er sich auf die Kiste
der Symbole und wurde aus einer elektrischen
Laune etwas wie Voltaire. Hier seht ihr
wie es gehen kann mit den Leutchen,
alten, jungen. Seit jeher aber sei ein Brot
mit Deli Soft zu schmieren

Dans les rieuses bleuités

Uns lacht ein Erasmus der Blauen Periode.
Er ist vielleicht mal Meister, mal
Heckenschaf. In seinem Garten ohne Horizont
erntet man ein falbes Azur, gerührt
aus Ozeanen und Zäsaren in Booten
(im Brumaire)

Regardent naviguer les langues.

Weg der Zungen übers Meer. Sie tragen
einen Rucksack und sprechen Schottenenglisch.
Die Inseln sind ihnen kein Hindernis.
Sie streuen Schafe über die Welt und auf der
langen Reise leben sie von Datteln, Feigen
wie wir, die sie in unseren Mündern tragen

Septembre 1885

An seinen sieben Fingern zähle er bis zehn.
Wie die Zeit als liegendes Lineal von links nach
rechts verstreicht. Vendémiaire, auch dieser
Mond stünde jetzt zum Verkauf wie übrigens
der Wuchs des Wortes
Eins-acht — Huit-Zink
Out. Over. Roger. Roux.

17. Dezember 2019 11:17










Hans Thill

Goldfische VI

(…)

Des mains en l’avril du décor,

APRIL behängt sich mit Wiesen
und Dorfgelächter (-mücken) und rührt
seine Hände frühmorgens bis spat

Au centre de la vasque ronde,

Inmitten eines Kreisverkehrs Frollein
Froide, rund wie aus einem Stück gedreht.
Der Feber wird also dein Wonnemond, der
Mai wäre dann bereits aus Barrikadenholz genagelt,
im Juni stehen wir mit dem Rücken zur Wand
oder bemalen sie mit kleinen Zeichen

Comme on fait pour les césars d’or,

Wie man Zäsaren fertigmacht.
Man packt sie mit Fäusten am Fresser und am Schisser.
Das Gold wäre vergessen und für einen Moment nur monnaie.
Dann stopft man sie in ein Erdloch und läßt ihnen langsam Haare wachsen

Invisibles, brassent de l’onde.

So ein unsichtbares Blond der Schwestern
Papillon, das man sich nicht an die Bluse
heften kann. Luftig das Gebräu aus Bruder
und Konsorten. Zwillingsgeschlecht,
schlankhäutig, zeigt sich später nachts
im Mottenmodus,
weiche Nase einer Welle

(…)

29. November 2019 16:06










Hans Thill

Goldfische V

(…)

Fait avec les pleurs du roc dur

DAS ist natürlich mit mir gemacht.
Steht der Fels als dickes Faktum, soll
er warten.

Qui de la mousse douce émerge,

Von allen Pflanzen muß das Moos die dichteste
Haut ergeben. Nicht so der Stein,
er ist Haut bis in den Kern

Ici regarde un Bassin, pur

Kein l hängt an den Vokalen als
seltsame Frucht. Sprachen
gibt es ganz aus Wasser, andere
sind nur Milch, wie es eben
in den Mund der Leute passt.
An anderer Stelle mehr
vor allem deutlicher

Ainsi qu’un œil de blonde vierge.

Dann hat die Rheinjungfrau doch
einen Blick riskiert, blond wie
ihr Haar war der Nebel, und in den Booten
alle machten Stieraugen

(…)

17. November 2019 15:59










Hans Thill

Goldfische IV

(…)

Lambeau d’époque, éteint flambeau

(SCHLAG nach bei Leiris):
fluider Mann. Wörter ohne Erinnerung,
zerfetzt der Besen der Epoche. Raus mit der
Reinheit, flitzen um die Fackel zu ersticken
(inner Fote)

D’une apothéose de pierre,

und steht auf der Petersdüne in Schuhen aus Stein. Kommst du vorbei,
hörst du ihn sagen: Geh mir aus den Augen, Meer

Un fût se pâme en son tombeau

und was sind das für Leute in diesem Faß?
Zwiebelgräber, in deren Rund man Muscheln rettet aus dem Dreck

De valse-admirante-de-lierre.

Beda Admirabilis, ein Pfalz-Tänzer, den alle
liebten als wäre er ein Efeu. Begeisterung
aus dem Eff-Eff, sich von ihr nicht
anstecken zu lassen. Auf Admiralsflügeln
durch den Sturm, als wäre man ein
kleines Löffelchen

(…)

8. November 2019 19:50










Hans Thill

Goldfische III

(…)

Sur les haut-vivants reposoirs

GANZ oben wo die Stürme ruhen,
ein paar inches von stillem
Schnee und die Luft aus
Styropor

C’est le mariage des ailes.

halten Flügel und Flügel Hochzeit
mit M’elle Papillon (d.h. jmdn
zur Marie machen, in einem gewissen
Alter)

Les fleurs, filles des arrosoirs,

die Mutter der Gießkanne
(ein Schluck Mutter). Die Mädchen
zum Baum erstarrt, in Blüte,
unbegossen, wäre da nicht der Wind

S’affichent, fleurantes voyelles.

mit einem Vokalwert von unter fünf
kannst Du das vergessen, und noch ist
kein Ei drin. Wir rühren und rühren,
zu schlagen trauen wir uns nicht,
wir stehen ja auf einem Bein.
Jetzt spricht Frau Sprache direkt zu uns
in ihrem Vokalisenidiom. Sagt
Sprechwörter (Heissenb.) und:
nimm bitte die Gehminuten raus

(…)

1. November 2019 11:44