Hans Thill

Goldfische III

(…)

Sur les haut-vivants reposoirs

GANZ oben wo die Stürme ruhen,
ein paar inches von stillem
Schnee und die Luft aus
Styropor

C’est le mariage des ailes.

halten Flügel und Flügel Hochzeit
mit M’elle Papillon (d.h. jmdn
zur Marie machen, in einem gewissen
Alter)

Les fleurs, filles des arrosoirs,

die Mutter der Gießkanne
(ein Schluck Mutter). Die Mädchen
zum Baum erstarrt, in Blüte,
unbegossen, wäre da nicht der Wind

S’affichent, fleurantes voyelles.

mit einem Vokalwert von unter fünf
kannst Du das vergessen, und noch ist
kein Ei drin. Wir rühren und rühren,
zu schlagen trauen wir uns nicht,
wir stehen ja auf einem Bein.
Jetzt spricht Frau Sprache direkt zu uns
in ihrem Vokalisenidiom. Sagt
Sprechwörter (Heissenb.) und:
nimm bitte die Gehminuten raus

(…)

1. November 2019 11:44










Hans Thill

Goldfische II

(…)
Saint Pol Roux

Paulitisch rauh im
Pot Conterpaul
mit dir aus purem Sand

Poissons Rouges

aber als Tier in einer Zwischen- und
Zwischenfarbe, quietschende Wörter,
glitschige Zusammenhänge.
Quietistisch. Rauhes Gold als Armenspeise,
sie schwimmen lehren in der See

Pour Pierre Quillard

liest sich in Kegelform,
Peter an der Leine,
für und für.
Der Hund sei ihm
abhanden gekommen,
so stehe er auf
der Düne mit Salz
im Auge

(…)

27. Oktober 2019 10:52










Hans Thill

Goldfische I

SAINT-POL ROUX
Poissons Rouges
Pour Pierre Quillard

Sur les haut-vivants reposoirs
C’est le mariage des ailes.
Les fleurs, filles des arrosoirs,
S’affichent, fleurantes voyelles.

Lambeau d’époque, éteint flambeau
D’une apothéose de pierre,
Un fût se pâme en son tombeau
De valse-admirante-de-lierre.

Fait avec les pleurs du roc dur
Qui de la mousse douce émerge,
Ici regarde un Bassin, pur
Ainsi qu’un œil de blonde vierge.

Des mains en l’avril du décor,
Au centre de la vasque ronde,
Comme on fait pour les césars d’or,
Invisibles, brassent de l’onde.

Sur le bord, d’albes déités,
Délicieusement exsangues,
Dans les rieuses bleuités
Regardent naviguer les langues.

Septembre 1885

(…)

19. Oktober 2019 14:33










Hans Thill

Die orphischen Dörfer

DAS NÄCHSTE DORF: hier hängt man die Heiligen, solange sie noch am Leben sind. Man bringt ihnen das Ertrinken bei, bevor es das Meer tut. Hier heißt es Chili con Carne statt Silikon Valley, Bamberg statt Bombay, Bayreuth, ein Beirut für Feiglinge. Man spricht ein schwebendes Schwäbisch, reist von Krankfurt nach Siechburg, von dort geht es dann nach Fluchhafen usw.

30. August 2019 14:23










Hans Thill

Die orphischen Dörfer

DAS NÄCHSTE DORF geformt von Händen, die keinen Schweiß kennen und keine Stirn, wenn sie zu wischen wäre. Beim Reden vermied man Vokale und der Kies auf den Wegen war weich und alt. Wüstenboden aus Stein: Die Blätter an den Stadtbäumen wurden von einem Meister in Bewegung gesetzt. Also das raschelte mit dem Sound eines Dieselmotors. Hoffentlich gibt es noch Bienen, die uns in die Gläser fallen. Hoffentlich geht das so weiter und hört einmal auf

19. Juli 2019 18:20










Hans Thill

Ich allein bin Calvin Klein

großer calvinistischer Bonobo, also ein Pferd in der Hölle
und das Mädchen schläft weiter, die Di als
Wildfrau, Waldvenus

im Körbchen eines mongolischen Herzmuschelsammlers
mit Sand im Salat und zwischen den Zähnen. O Nasnblutn,
o Holz von Ednkobn, nun wahrhaft

Seehundfarbn und ganz nah Quercus, es ist Vollmond,
ideale Bedingung, um ein Gedicht zu lesen,
der Ford Capri fahrlässig geparkt in der Klosterstrasse

bei der unvergessenen Miss Ferguson, deren halber Mund
einer anderen Zunge gehört. Also mein ganzes Auge
schwimmt in einer Salzlake,

mein Vater hat die Rote Spinne gekillt, es herrschte bitterer
Nebel auf der Vogesenstrasse, nicht weit von hier
hat Adomnán die Ewigkeit gesehen.

Lüeg emol: l´éternité, jamais vu de l´exterieur. So ein
Mannbaum mit Sardelle, vermutlich aus Mannheim,
wo man die Seife verteidigt als wäre sie

ein durstiger Bulldog aus der Notfalltasche. Botoxiere
die Falte auf der Stirn des Zürngottes, mach das
mit dem ganzen Olymp von Paris, das nennt man

Party. Tote Tiere pflastern deinen Weg, (gemeint ist wohl:)
Pavarotti und seine Vogelverwandtschaft.
Wir fahren nach Genf nach Speyer

mit Gepäck aus Dunmail und Dunlop. Wir fahren nach
Bullerbü. Hätt ich dich, so äss ich dich (Grimm).
Noch schubsen sich die Wörter

auf Hochland-Latein (Wein redt Latein), geben es sich
mit den Ellbogen, noch ist Kirschenzeit und mein
Augensalz kommt von

einem Dichtertattoo, wenn es nicht einem Skibbo aus Skiddaw
gehört, mit mehr Haut als Haaren. Und jetzt übersetz
das mal ins Küstenschwäbisch, mein

alter Bazillus aus der keuschen Familie Castrol, ich
ist ein anderer GTX

Edenkoben, 26.6.2019

Begrüßungsgedicht für
Meg Bateman, Cheryl Follon, Iain Galbraith, Peter Mackay, Peter Manson, Paul-Henry Campbell, Daniela Danz, Sina Klein, Uwe Kolbe, Tobias Roth, Lea Schneider

27. Juni 2019 11:49










Hans Thill

Die orphischen Dörfer

DAS NÄCHSTE DORF so dahingesagt und dann wieder weggequatscht. Hat man es verstanden, ist es ein Wald vor lauter Bäumen oder eine Liebe, die mit ihrem Tüchlein in der Lichtung steht. Das Dorf der Tiere? Anderswo. Frag einmal Marie Laurencin mit dem Blauen Denim aus Nîmes. Frag einmal die Hutfrauen, eine nach der anderen, ob ihnen die Obacht schwer fällt.

4. Juni 2019 09:47










Hans Thill

Die orphischen Dörfer

DAS NÄCHSTE DORF trocken wie Reis, bevor ihn die Mäuse fressen. Dicht an dicht bei den Säcken die Sicherheitsleute, im Ohr einen Knopf, die Fäuste in die Hüften gedrückt. Dahinter zählte man das Geld und stopfte die Patronen. Die aufrechten Männer, schwarz und muskulös wie Traktoren. Im Zwischenraum ein lockiges Wesen, das keiner bewachte. Mariezibill hätte anders ausgesehen. Man glaubte ihr Bild auf den Banknoten zu sehen, aber das war schon so verschwommen. Das Reisig band man zu Besen, denn plötzlich regnete es Rost. Oben in den Alpen, oben in den Alpen.

29. Mai 2019 17:03










Hans Thill

neunzehn

, ein Wort, groß wie der Schatten von Hans Test. Ihr so: XX
reicht nicht. Ein Wald, durch den ein Zug fährt. Die Knöpfe
am Hemd eines Holzfällers. Vielleicht minus eins.
Ihr so: Viele nennen ihren Körper einfach Koffer.
Vielen schmeckt der Wind noch zu süß

Jürgen Theobaldy

19

Zwei Silben, licht wie die Schatten von Tesafilm
auf dem Blatt Papier, A4 oder XL, wenn das reicht.
Ein Hochgeschwindigkeitswald fährt durch einen Zug
mit einer dampfenden Lok: bestimmt Jahrzehnte nach
dem Sürrealismus. Holzfäller gibt es nicht. Oder
in Kanada. Knöpfe gibt es? Reissverschlüsse gibt es!
Hemden gibt es auch. Aber die Jungen lehnen sie ab.
Sondern Pullis. Ihre Pullis schweiseln. Sagt Oma zu recht.
Andrerseits Oma lebt schon lange nicht mehr.
Flugtaschen ersetzen Koffer, Flügel haften still
an Körpern. In der Höhe schmeckt die Luft nach kalt.
Es gibt andere. Andere denken, der Wind ist süß gezuckert.
Doch sind sie am Boden, tief unten, sie rufen bodenständig:
Sterne in Sicht! Ewigkeiten in Sicht! Sei dabei! Steig auf!

5. Januar 2019 16:31










Hans Thill

Der Simplon sagt

die Vögel frieren nicht
sie haben Beine, dünn
wie Streichhölzer

Die Streichhölzer frieren nicht
sie setzen ein Ölfaß
in Brand

Das Ölfaß friert nicht
es ist der verstorbene Faun
aus verstorbenen Meeren

20. September 2018 12:57