Gerald Koll

Das fünfzigste Jahr (110)

4. Dezember 2015, ein Freitag

Interview mit einer Drehbuchautorin eines offenbar satt budgetierten Spielfilms über Franz Osten und seinen 1925 gedrehten Die Leuchte Asiens. Mein eigener Dokumentarfilm darüber liegt knapp 15 Jahre zurück. Wissens-Rausverkauf. Zuvor ein galliges Erwachen mit jenem chronisch fiesen Nebenhöhlen-Druck, der mir das Liegen verleidet. Laut HNO-Arzt eine Nasenscheidewandkrümmung, laut HNO-Arzt operabel, leider, denn zu so einer Operation habe ich keine Lust; lieber wäre mir der Bescheid, dagegen sei die Medizin leider machtlos.

Dazu eine mitrauschende Unruhe, die ich auf das Digitalisieren von Familienfotos zurückführe. Sie lösen mehr aus, als von bewusster Erinnerung registriert werden könnte. Diese Bilder verströmen kleinste Erinnerungspartikel an Pullover, an Momentgefühle, an Gummispielzeuggeruch, an Angst vor Schmalzbrot, an Strumpfhosenkratzen, an damals nicht nennbare und denkbare Zwänge, an lauter Sekrete, die das Gift des Lebens bilden. Gerade höre ich die Sinfonie von Edgar Elgar. Furchtbar. Plötzlich steht die eigene Sterbestunde vor Augen, und der letzte Wunsch (…).

4. Dezember 2016 13:00