Gerald Koll

Das fünfzigste Jahr (113)

14. Dezember 2015, ein Montag

Die Sache mit der Krankenversicherung sieht nicht gut aus. Es zeichnet sich ab, dass ein Fluch über meiner 1996 getroffenen Entscheidung liegt, mich von der Versicherungspflicht befreien zu lassen. Das rächt sich jahraus, jahrein, es wird sich ewig rächen. Entsprechend übel war mein Schlaf und waren die Träume. J., der wildeste Aikidoka unseres Dojos, tauchte darin auf als unbarmherziger Verfolger, vor dem wir – oder nur ich? – flüchteten, einen Turm hinauf, voller Angst, er würde uns – mich? – finden und molchen. Weitere Träume mit Verfolgern: Tiere, seltsam gefräßige Biber, die zuschnappten.

Mit Zaudern trat ich heute morgen ins Café, ahnend, jener Dame mit blauem Turban zu begegnen, deren Kontaktlust mein Lektürebedürfnis vereiteln würde. Sie war tatsächlich da, ich fügte mich und duze sie seit heute. 1980 zog sie von Hamburg nach Berlin und bewohnt seit 16 Jahren in Weissensee ein Künstler-Atelier, das der Senat bezuschusst. Sie arbeitet bevorzugt mit Fahrradschläuchen und gebrauchter Seife. Die Fahrradschläuche werden mittels Kabelbindern zu Figuren geformt und bilden an den Wänden dreidimensionale Zeichnungen.

14. Dezember 2016 17:43