Gerald Koll

Das fünfzigste Jahr (130)

16. Januar 2016, ein Sonnabend

9 Uhr: Nach Geleit der Eltern zum Hotel und heimischem Bettgang drehte mir Frau S. kummervoll den Rücken zu, und zwar infolge der beim Abendessen gefallenen Wendung „hoppeldimoppeldi“, denn hoppeldimoppeldi, hatte ich weinlaunig kontrollschwach erzählt, sei Frau S. im Sommer im bayerischen Finsterau, als wir so dringend einen Fußball benötigten und partout keinen auftreiben konnten, in einen fremden Vorgarten gerannt und habe einen dort herumliegenden Ball stiebitzt. Dümmliche Wortwahl. Das Sexualleben geriet überaus vital.

Vater: „Da gibt’s doch einen Flugzeughersteller, der nicht Boeing ist.“
Sohn: „Daimler?“
Vater: „Unsinn. Die stellen Autos her, keine Flugzeuge. Höchstens Motoren.“
Sohn (googelt): „Daimler Chrysler ist gelistet unter Flugzeughersteller.“
Vater: „Ja, aber mit Sitz in Frankreich.“
Sohn (zeigt Wikipedia-Eintrag): „Sitz ist in Ottobrunn, Deutschland.“
Vater: „Das ist zu zu klein geschrieben. Das kann ich nicht lesen.“
Sohn: „Die stellen Flugzeuge her.“
Vater: „Aber mit Airbus haben die nichts zu tun.“
Sohn: „Das war doch gar nicht die Frage …“ (lesend) „Aber hier steht, die hätten sehr wohl mit Airbus zu tun …“

23 Uhr: zurück vom Konzert. Es war lausig kalt in der ungeheizten Orangerie im Charlottenburger Schloss. Besucher saßen in Mäntel und Decken gehüllt. Das Mozart-Konzert lief in der Reihe „Maskerade“, also in historischen Kostümen, angesagt von einem rokokesken Conferencier – eine provinzielle Posse, wenn auch in Berliner Version mit echtem Schlosssaal. Ältere Herren nickten weg, meine unbekannte Sitznachbarn ließ ungerührt ihr Smartphone auf dem Schoß leuchten. Vati wippte wohlgemut, meine kleine Mutti hatte gute Sicht. Verbucht als schöner Abend.

16. Januar 2017 13:53