Gerald Koll

Das fünfzigste Jahr (141)

31. Januar 2016, ein Sonntag

Soeben, es ist bereits nach Mitternacht, heimgekehrt aus The Revenant von Inarritu mit Leonardo DiCaprio. Ein Naturspektakel, in dem DiCaprio (rührend, wie gern er extrem sein möchte) in einer sehr schönen und sehr tödlichen Bergkulisse ums Überleben kämpft. Fünf Minuten davon haben mehr kreativen Input als der komplette Everest, aber im Nachgespräch mit Aikidoka, die den Film blöd fanden, merkte ich schnell, wie künstlich meine Begeisterung ist. Es blieb bei einem süffisanten Schlagabtausch, lediglich darauf aus, den eigenen Blick durchzuboxen, statt einander die Augen zu öffnen – und all dies mit erbärmlich schlaffem Drang.

Szene Boxring. Boxer fällt erschöpft in die Ecke. Trainer fächelt.
Trainer
: Bestens. Besser: kontern!
Boxer: Kann nicht!
Trainer: Nicht kontern können! Du konntest nicht kontern, aber du kannst!
Boxer: Konnte nicht.
Trainer: Du hast nicht kontern können, weil du glaubtest, nicht kontern zu können, obwohl du sehr wohl hättest gekontert haben können, wenn du ans Konternkönnen geglaubt hättest.
Boxer: Weiß nicht.
Trainer: Wenn du kontern kannst: konter! Kannst du nicht kontern, konter trotzdem! Man kann kontern können. Immer. Das weißt du.
Off-Sprecher: Wissen, was wichtig ist. Wissenstransfer mit k.-consulting.

Überhaupt ein gedimmter Sonntag. Glimmende Freude auf Frau S. Das ist schön. Dann wiederum Mad Men, der mir zu schwerfällig war in seinem Werbewelt-Geplänkel, und dessen erste Staffel ich dennoch gesehen haben will (was für Lebenszeit damit draufgeht), ein wenig Stifter, ein wenig Morihei-Biografie, also eigentlich ein entspannter Lektüre- und DVD-Sonntag, aber wiederum auch nicht entspannt genug, weil ich all diese Entspannungen geradezu abarbeite und „geschafft“ haben will, als müsste ich dies und jenes jetzt schnell noch schaffen. Bis wann?

31. Januar 2017 11:28