Gerald Koll

Das fünfzigste Jahr (185)

16. April 2016, ein Sonnabend

Die Pilgerei zu Zweit ist eine lässige Angelegenheit. Ich setze mich nicht der Fremde aus, mit D. habe ich ja Bekanntes um mich. Ein wenig vermisse ich das klamme Unbehagen, die einschleichende Kälte, wenn sich ein Weg verliert und niemand da ist, der helfen kann. Was wir hier tun, ist Wanderschaft in Kostüm, eine launige Besichtigung. Zum Beispiel eines auf dem Weg liegenden verlassenen Shinto-Tempels, aus dem wir gern ein Dojo machen würden … Abends finden wir wieder eine Notunterkunft, diesmal direkt neben einem öffentlichen Bad, das wir sofort aufsuchen. Wir leihen Fahrräder aus, holen Essen, sitzen draußen, genießen. Und wissen: Morgen geht es in die Berge. Morgen soll es regnen. Kosho Omoto hat für Shikoku in naher Zukunft das stärkste Beben seit 160 Jahren vorausgesagt. Beben bei schlechtem Wetter wäre dann doch nicht so schön.

In Kyushu scheint das Erdbeben, dessen Ausläufer wir in Tokio zu spüren bekamen, erheblich stärker gewesen zu sein als wir dachten. Mindestens 9 Tote, heißt es nach erster Schätzung. Dort wollten D. und ich eigentlich in den nächsten Tagen hin.

16. April 2017 07:21