Gerald Koll

Das fünfzigste Jahr (80/81)

3. Oktober 2015, ein Sonnabend

Mein Schadenbegrenzungsleben ist um zwei Schäden ärmer: Gestern simste mir ein mir gänzlich unbekannter Danilo, er habe am Donnerstag meine EC-Karte im U-Bahn-Automaten gefunden. Außerdem unterschrieb ich den Mietververtrag für die Zwischenumsetzwohnung.

Die aikideske Zeremonie für den Jubilar K. unter dem Decknamen Aktion Butterfly: eine kollektive Liebesspende aus Wohlgeruch (wieso eigentlich nicht Myrrhe?), Shiatsu, Violine und Poesie, eine geschmeidige Gewichtsverlagerung zwischen Wohlfühlmeditation und amouröser Beschwörung.

In derselben Nacht, also am Freitag, erhalte ich Kurznachricht von Meg, die Kontakt erwünscht. Verwirrend. Kitty antwortet auf meine SMS nicht, ich wiederum ignoriere das Werben der Frau S. Und nun ist da Meg, die Champions-League-Lady. Und auch noch die plötzlich zurückgemeldete M.: die will mich besuchen mit Nacht-Aufenthalt.

5. Oktober, ein Montag

Träumte, neben mir nähme Opa Platz. Er sieht nicht aus wie Opa, aber es ist klar, dass nur er es sein kann. Nach kürzester Frist geht er schon wieder, und ich rufe aus: „Du willst schon wieder gehen?“ – und schon ist er weg. Beklommen erwacht.

Neue Wendung auf der Party des Jubilars K. am Sonnabend: Nach konsequentem Sektverzehr und Tanz kommt es zu ein wenig kabarettistischen Avancen von Frau S., deren Kussattacke eins und zwei ich ausweiche und abwehre. Zu beidseitiger Abkühlung geht man nach oben vor die Tür, als pubertiere man. Das Leben: eine Demütigung. Frau S. trägt sie nach ersten Tränen mit erfreulich robust restaurierter Würde.

Schreckhafter flashback: der 1. Oktober vor 30 Jahren, 1985 an einem Dienstag. Da ereignete sich der traurige Einzug in die Kaserne in Hamburg-Wentorf. Ein furchtbares Zeitloch, gefüllt mit Drangsal, Verblödung, Derbheit und Ausbildung schlechter Eigenschaften.

10. Oktober 2016 22:51