Hans Thill

Das heisse Fleisch der Wörter

JOSÉ MARIA DE HEREDIA

Die Kentaurin

Einst schweifte zahllos die Kentaurenschar
durch Bach und Wälder, über Fels und Schatten;
auf ihren Flanken spielten Licht und Schatten,
zu unserm blonden kam ihr schwarzes Haar.

Die Wiese blüht umsonst. Wir sind allein.
Die Höhle liegt verwuchert und verlassen,
und manchmal kann ich mich beim Zittern fassen,
wenn fern in heißer Nacht die Hengste schrein.

Denn jenen hohen Stamm von Wolkenkindern
sieht jeder Tag sich immer mehr vermindern,
da er von uns sich weg der Frau zukehrt.

Macht ihre Liebe selbst uns doch zu Tieren;
das uns entlockte Schreien ist ein Wiehern,
und nur als Stuten werden wir begehert.

Aus: Die Trophäen / herzlichen Dank an den Übersetzer Hanns Grössel

2. November 2009 18:33