Mirko Bonné

Grüne Ziege

Ein alter Garten voll Giersch,
mitunter denke ich und fürchte,
das wäre ein Bild für ein Leben.
Dann renne ich hinaus irgendwo
oder stürze in einen hellen Laden,
kaufe was und werf es in Gedanken
gleich weg. Das Dreiblatt, der Giersch
wächst mir durch den Tag. Misstrauen
wuchert, von Abscheu getriebenes,
endlos vergebliches Ausbessern.
Komm, denke ich, Zimmerholler,
verrate mir also, was du liebst.
Stickstoff habe ich reichlich,
Ziegenfuß, du grüne Geiß.

Du hast keine Vergangenheit.
Weißt nicht einmal vom Entzücken
meiner Großmutter, sah sie die Wiese
erstickt vom Baumtropf, dem Schettele.
Sie bereitete aus den Blättern Salat,
kochte gegen den Rheumatismus
die Stängel. Blüten trocknete sie,
Bodenschatz, sagte sie zärtlich,
weiße Tränen in grünen Augen.
Ich durchtrenne Triebe, kämme
allen Giersch und seine Namen
aus dem Gedächtnis, dem Gras.
Still liege ich da und habe Angst,
für ein Leben wäre das ein Bild.

*

10. Juni 2011 10:49