Carsten Zimmermann

ich möchte irgend etwas für dich sein

Diese schöne Zeile aus einem Liebeslied von Tocotronic enthält in nuce das Dilemma der Subjektivität. Etwas zu sein ist ein Widerspruch in sich. Etwas kann etwas nur symbolisch sein, und das heißt imaginär. Etwas Imaginäres kann man nur sein wollen oder zu sein vorgeben, aber nicht sein.
Dennoch hat man uns beigebracht, daß etwas zu sein wünschenswert ist, wenn nicht, daß es das entscheidende Lebensprojekt darstellt. Die ganze postmodern-kapitalistische Welt beruht auf der Verführungskraft von letztlich trivialen Identitätsangeboten. Eben der Widerspruch, etwas sein zu wollen, erscheint als der Motor der kapitalistischen Rastlosigkeit und Rücksichtslosigkeit in einer Kultur, die die Produktion gegenüber der Kontemplation maßlos favorisiert.
Die Alten hingegen wußten, daß man nur nichts sein kann, weil Nichts und Sein (und Alles) zusammenfallen, und zwar nicht abstrakt, sondern unmittelbar. Wir Heutigen wissen bei aller Überproduktion von partikularem Wissen nicht mehr, sondern weniger als sie. Wir bestehen darauf, einen Widerspruch zu verkörpern. Es ist zum Scheitern verurteilt.

30. März 2009 15:41