Sylvia Geist

Nachtausgabe

Präludium

I.

Barocke Amseln zwitschern, Tanz
im Gang leuchten Frauen auf,
verschwinden, der Gastgeber
gibt Rätsel. Die mit mir kamen,
haben längst verloren, wir alle
wohl auf dieselbe Art. Menge
flutet, staunt Raum für Raum,
vergisst: Keiner kenntlich, jeder nah.

II.

Durch einen schulterschmalen Korridor,
die Kleiderkammer, flattert ein Gerücht,
in der Mitte dieses Baus gibt es
den Flügel, und ich finde mich,

dunkel angezogen jetzt, vor einer Luke:
Tief, in einem noch ferneren Geschoss
vielmehr, ausgebreitet, schwarz wie schönstes
Pech, er.

Keine Treppe, von nirgends nach nirgends, irgend
jemand warnt, das Pochwerk weiß es anders,
morst, wie sich lehnen
in den Fall

III.

ins aufgespannte Land, vor Ruhe
weit und eben. Die Partitur, heran
geweht, nistet in der Hand. Nur
auf dem Flügel sitzt schon einer, raucht.
Zu spät. Er nickt: Für heute abend.
Die Freude steht, poliertes Tiergebein
und Rabenholz, singt erst, noch, auch.

17. Mai 2011 12:51