Mirko Bonné

Parkplatzkönig

Nicht mal ein dürrer Gaul zieht so ein Fuhrwerk,
Wie ihr es „parkt“ auf Gloucesters lautem Grab.
Noch unter Schlamm und plattgewalztem Stein
Kann ich, der König, eure Karren riechen.
Schert euch davon, ihr York, mein England ihr,
Ihr meine Welt verpestenden Hanswurste!
Denn ich fühl mich erinnert, und was ist
Erinnerung? Doch nur ein Gaukelschmerz.

Gespalten meinen Schädel, nackt, geschändet,
Im Rücken einen schwarzen Pfeil, den Strahl
Von Einem, der sich für ein Lichtchen hielt,
Lag ich in Bosworth Field tot auf dem Schlachtfeld
Bei tausend Aufgespießten und Verrenkten.
Man band mich auf ein Pferd, Arsch in die Luft.
Der Klepper trottete mit mir nach Leicester.
Ein Kerl, ein Metzger schleifte mich durchs Tor.

Ich wurde aufgebahrt, verhöhnt, beschmiert,
Im Inn The New Wake angegafft vom Volk
Ob meiner Buckligkeit, und kam ins Grab
In einem Kloster, das ein Henry – welcher!
Der neunte, glaub ich, oder gab’s den nicht? –
Bald schleifen ließ. Mich König grub man aus,
Mir Krüppel hackte man die Füße ab
Und warf die Leiche Richard in den Soar.

Ich war die Sonne, die im Fluss versank!
Fragt meine Brüder, Knechte meiner Folter.
Fragt Clarence, Hastings, Rivers, Grey, die Kinder,
Fragt alle hinters Licht Geführten – tot!
Verbrannt von Richards Sonne wie er selbst.
Hier unterm Stein – „Behindertenparkplatz“ –
Als angeschwemmter Menschenrest verscharrt,
Ist seit fünfhundert Jahren Mitternacht.

Ich war ein Mensch, war ich es nicht? Ich liebte,
Wenn auch nur mich, und war vor Zweifeln krank,
Ob Mister Shakespeares klügstes Ungeheuer
Wohl wirklich etwas außer Schmerzen fühlt.
Mag sein, ich bin bloß noch ein Parkplatzkönig.
Wer weiß, ob ihr noch wirklich Menschen seid.
Vielleicht seid ihr vergraben in der Luft,
Wie ich’s bin im Morast. Wer gräbt uns aus?

Wo sind sie hin, mein Königreich, mein Pferd.

*

28. März 2013 21:40