Mirko Bonné

Umzug mit Apollinaire

1
Annie

Im Grau der Westküste des Finistère,
zwischen Brest und Le Trez-Hir, gibt es
einen Palmengarten mit einer alten Rose,
ja dort wächst etwas völlig Ausgeflipptes,
Apollinaires Gehstock, lebendige Rose.

Annie ging in ihrem kleinen Vorortpark
gedankenversunken täglich spazieren,
und folgte ihr einer beim Promenieren,
dann fuhr es ihm durch Bein und Mark.

Was, wenn wir alle nicht wirklich glauben,
blüht dann etwas, ist ein Knopf Verschluss?
Wenn einer wie ich alles neu erleben muss,
würde mir Annie sie zu küssen erlauben?

2
Umzug mit Apollinaire

Den Rosenstock, den die Tochter von Annie
im Morgendunkel in dem Garten bei Brest
ausgrub, fuhren sie und ich mit dem Rest
Möbel ihrer toten Eltern durch Normandie,

Picardie und Wallonie nordwärts. Dinge,
die wir nicht vergessen können, sind die,
welche uns verloren erscheinen lassen, sie
bleiben, sind ungerührt. Sie gräbt, ich singe,

stehe in der Küche ihrer Kindheit, koche Tee
und versuche, mir sie auszumalen in dem Haus,
ein Kind in einem Garten. Bloß weg, Rose, raus,
ins weite Licht! Ferne. Autoroute! Himmel. See.

*

17. November 2016 21:30