Christian Lorenz Müller

WENN DIE SCHATTEN

Wo die Straße endet
rupfen Schafe die Schatten.
Unzählige Nächte
haben das Holz der Höfe
schwarz gewittert.
In der öligen Dämmernis
eines Schuppens stehen Traktoren,
das dunkle Rund eines Reifens,
und dann geht ganz in der Nähe
eine Kreissäge auf,
ihr kaltes Grellen
blendet das Ohr.
Tausende von Umdrehungen
pro Minute und der Bauer,
der, ungeschnittenes Holz in Händen,
unablässig um sie kreist.

Noch immer existieren
die Gravitationskräfte der Kindheit,
immer wieder dieses Verharren
im Herbst, wenn die Wege enden,
wenn die Schatten vor die Mäuler
der Schafe fallen.

6. November 2016 11:47