Christian Lorenz Müller
WIE SPÄTER NUR NOCH
Fallende Birnen trommeln
mich in die Zeit zurück
in der Großvater die Fässer
an die Stallwand stellte,
blaue Kunststoffhumpen,
in die er schubkarrenweise
die Früchte füllte,
Süße des Spätsommers
an der sich die Wespen
summend berauschten.
Die Fässer standen dort im Schatten
bis der Frost kam.
Dann schürte Großvater das Feuer
unter einem bauchigen Kessel
der in einer dumpfen, engen Kammer stand,
saß stundenlang auf einem Hocker
und sah zu
wie sich aus gäriger Trübnis
heiße Klarheit erhob, durchscheinend
in die große Glaskaraffe tropfte –
Tage, an denen der Geruch nach Katzenurin
und feuchter Kleidung
sich verflüchtigte,
an denen allein der Duft
des Alkohols in der Kammer klarte.
Tage, an denen ich die Essenz
eines ganzen Jahres
aus dem Handteller leckte
und mir daran die Zunge verbrannte
wie später nur noch an der Poesie.