Christine Kappe

Zustellversuch 6

Rimpau 21. Irgendwo muss der Hund sein… Der Hermesbote hat die Lieferung nicht grundlos auf die nasse Erde neben dem Gartentor gestellt. Ich sehe nichts, höre nichts, gehe durch die offenstehende Pforte zur Haustür. Stille. Ich werfe die Post ein. In diesem Moment bellt er los und wirft sich von innen gegen die Tür, zerfetzt die Post, tobt, ich höre ihn noch, als ich schon 5 Häuser weiter bin.

Einmal war er im Garten. Ich hörte ihn durch die blickdichte Hecke. Sein Bellen klang wie ein Husten, bei dem sich viel Schleim löst. Seine Herrin rief mir zu: „Ich habe ihn an der Leine!“ Aber das war mir egal, ich wollte leben. Ich warf die Post auf die Erde und fuhr so schnell wie möglich weiter. Ich hörte, wie die Frau ihren Hund anschrie, dann schrie sie hinter mir her.

Doch der Hund kann nicht anders: das freistehende Haus ist ein Paradies: die Garage mit dem silbergrauen Jaguar steht offen, Fahrräder lehnen unangeschlossen am Zaun, Spielzeug liegt über den Rasen verteilt und an der Haustür hängt von außen ein dicker Schlüsselbund.

28. Januar 2014 14:24