Andreas H. Drescher

ELF ZEITALTER III

Das dritte Zeitalter fängt sich selbst mit einem Aufstoßen an. Das hängt der Straße ihre ersten Markisen ein. Hibiskusfarben, wie sich versteht. Bald ausgewaschen. Schon nach tausend Herbsten regnet es den ersten Lindenblütentee. Wollmäuse flüchten fensterein. Ihre Bewegung bleibt als reines Moll zwischen den Straßenschildern hängen. Als Ausgerenktheit ohne Glieder. Dort drüben hat jetzt der Kirchturm mit sich selbst geschlagen. Die Glocke, aufs Vibrieren untersucht, zerfällt.

26. Oktober 2010 10:17










Andreas H. Drescher

ELF ZEITALTER II

Das zweite Zeitalter ist sein eigener Flur. Ein mildes Einzelnes und großes Zischen. Und der Asphalt träumt seinen ersten Taxistand. Wacht auf in Fahrgastlosigkeiten. Ein Haus und noch ein Haus setzt noch ein Haus aus sich heraus. Leer, leer und leer. Noch vor jeder Neutronenbombe. Das Nachbarhaus warnt seine Nachbarhäuser: „Wartet nur ab, bis ihr eure nächsteerste Stromrechnung bekommt!“ Aber noch ist kein Erstes und kein Zweites. Noch ist bloß Erdzeitalter satt.

19. Oktober 2010 10:22










Andreas H. Drescher

ELF ZEITALTER I

Das erste Zeitalter tut noch nicht wie ein Zuhause. Die Stadt lässt das nicht zu. Wilder Hibiskus vielleicht, nicht aber eine Linde. Wilder Hibiskus, der vom Asphalt in Fernen träumt. Im Clinch mit dieser Linde. Ein ganzes Erdzeitalter lang. Sie steht ganz einfach falsch in ihrem Nichtdastehen. Vielleicht, weil die nicht weiß, wie groß sie ist. Unter Hibiskusgröße? Über Hibiskusgröße? Letztlich beginnt sie doch noch mit sich selbst. Als sich drehender, als sich stauchender Klang.

12. Oktober 2010 10:11










Andreas H. Drescher

TEXT-DIALOGE EXTERN I

LANDSCAPE (Björn Kuhligk)

Hier ist es still, am Morgen hinterließ
der kopflose Hahn des Dorfidioten
einen Kreis hellen Blutes in dieser
verschneiten Dezembergegenwart
sagte der Idiot, ach, diese Pracht muß
ein Abgrund sein, und ging mit seiner
kirchturmlangen Neurose über den Marktplatz
daß es einem leid tun konnte, singen
die Gymnasiasten im Radio Ich möchte so gern
am Fließband stehn, und alles, alles
fließt so schön
, in der Kneipe der Pfarrer
der Lehrer und der, dem der Rest gehört
trinken Sauwein aus Haßdorf und Dekaden
später kippt das Licht am Horizont hinab

A 620 I (A.H. Drescher)

Das Dröhnen hier
hört keiner mehr

Wenn ich mein Haus
loswerde flattert es

so ohne Kopf noch ein
mal auf und gibt sich der

art klug wie nie vor
her vor einem Eimer

22. April 2010 19:03










Andreas H. Drescher

Pferde

Ans Pferd gebunden
Der Schweif ein Knoten aus Horn
Ans Pferd gebunden
Durch meine Beine scheint der Mond
Ans Pferd gebunden
Die Stimme der Leibstandarte
Ans Pferd gebunden
Der Ochser über meinem Mund so hinterher
Ans Pferd gebunden
Das Geschenk ein Fähnleinführergeschenk

Das hatte ich mir anders vorgestellt

Cowboys im Ginster die breiten Hüte
rutschen ganz von selber ins Genick

Lassie ist noch nicht zum Zwergpudel geworden
Auf Zecken wird mit unreifen Erbsen geschossen

Pro Schuss mauert Großvater einen Stein in Palominos Stall der ist
noch nicht mit Hackfleisch-Reitern zu Black Beauty hochgefüttert

Bukephalos als Grauschimmel der für immer seinen letzten
Sprung über den Ginster steht das sind ganz einfach noch

ADAMS SCHWARZE STIEFEL
ADAMS SCHWARZES HAAR

9. April 2010 20:08










Andreas H. Drescher

NOCH EINMAL GRIECHENLAND

In den Schulen singen die Kinder
während das Feuer ihre Dörfer erreicht

27. März 2010 07:33










Andreas H. Drescher

EFHARISTO DES WETTBÜROS II VON II

Die Füße auf der Bahn in Richtung Schlacht. Die Metzgerfüße ein- und ausgezogen. Zart, sehr zart Gestolpertes. Ein Blumenhändler für fleischfressende Pflanzen. Eine Frau Bestatterin in jeder Blüte. Soso bleiben sie, die Dinge selbst. Auch, was loslässt, lässt nie wieder los. Gerade in dern Saft und ausgebeult wie ausgebeutet. Die Tür quietscht aus in letztes Katzenkreischen. Füßefauchen, auch und auch. Aber sie schweigen es, sie denken es nicht mal. Fleisch, so weiß und süß, wie´s nur das Schweigen kann. Katzen sitzen sich auch schon mal selber aus. Kreisende Fleische, die einander Pfoten schlucken. Bargeldlos, ein Pal. Wuff, ein Pay-Pal, ein halbes Prozent. Gesichtsverleiher, ausbezahlt mit Spielgeld, Blechgeld, Schummelgeld. Katzen aus Spanien, Katzen aus Portugal, Katzen aus Griechenland. Verkocht vom Blütenstängel. Die Kater als Genossenschaft, mit Kater Raiffeisen als letztem Substantiv. Alles muss gemeinsam sein, nicht wahr! Das Schild zur Einbahnstraße ist noch nicht begossen. Er versteht die Ruhe wie sie ganz. Auch wenn er inzwischen beim Wechselunterschreiben schon beide Pfoten nimmt. Ist klar? Und bei dir? Pfotiges E, pfotiges Z, pfotiges B. Fleisch, das Fleisch verabschiedet. Oh! Was heißt nochmal Stoßstange auf Spanisch? Ach ja! Hauptsache gesund! Die ausgelegten Krallen gehen ein. Ein Zurück, mein kein Zurück. Unsystematisch. Zeitlos ausgerechnet. Ja klar! Kniehelenen, sososo ist das gelaufen. Ach wo! Vergiss es! Was nach Müll riecht, wird auch keine Katze kaufen. Ausgebremst, versteh mich doch! So schön graviert zahlt sich kein Bankrotteur mehr ein. Raiff für die Insel. Raiff schleckt seine Produktivstreusel auf. Natürlich geht das so! Eine Katzenklappe geht auf Raisen. IBAN-Linie. Auf Eis gleitend, entflohen. Da komm ich grad rüber! Miauer, aua, aus und aus. Neinnein! Dann ist schon aus. Ob das was? Ob das eine Arbeitsanweisung ist? Nein! Das sind die Zecken! Auch Katzen fangen sich schon einmal Zecken ein. Zahlungsanweisungen, sag ich doch! Mir geht das genausoso. Sechs Uhr zwölf Uhr ach, zehn Uhr? Katzenschwanz und Kapital. Das ist ja wirklich… Nicht? Warum? Zähl doch mal auf! Nach der Arbeit? Wieso nach der Arbeit? Bingbong! Ab jetzt wird auf von neun bis fünf gezählt. Architektur war, Bildhauerei war, Kritzelei war. Mann, ist mir das über! Der LKW verwirft das Fleisch des Blumenhändlers jetzt in die Dolden. Dann gehst du hin und rufst nochmal. Der Blick, dem Blick, den Seitenblick. Farben schnupft das, lässt das fließen. Vereinigter Blumenfeldgeruch. Ach, so ein Duft geht schließlich aus! Hmhm. Auch wenn das noch so lange läuft, es ruft doch seine Steigerung. Dann geht es einfach nur noch so. Tschüss! Flucht ins Ampelgrün, dann Flucht ins Ampelrot. Gorgias kauft sich ein neues Fahrrad. Lach nicht! Nein! Lach nicht! Ein Wiederverkauf kommt gar nicht in Frage. Aigisthos nun als fleischfressende Pflanze. Der Chef kommt selbst. Als Bademeister. Gemischte Zuckungen zum Schalter und wieder zurück. Zwischennetztische, langsam rotierend, langsamer rotierend, schneller. Zahl und Zahl. Wer zahltzahltdrauf. Das Bankgeheimnis eingeschlossen. Ein Ungenehmigte mit einem Knüppel aufgelöst. Mit mehr als einem Knüppel. Die Kapitalaufstockung bis ins Gras. Plumps, ein Aus. Und plumps, ein Neuanfang. Füße in der Luft, dann Füße in der Erde. Geh zum Papa. Mama hat jetzt keine Zeit. Raiffeisen wagnert sich inzwischen selber aus und macht Rendite überm Rost und weiter. Wo gehen wir hin? Sagst du irgendwas? Narkoleptika, Zirkelschluss, Zivilschutz und Echo als verliebte Jungfer. Undurchsichtigkeiten, Unübersichtlichkeiten. Papas Sprünge zur Seite. Was du nicht glaubst, langt dir auch lang. Ach, hilflos! Aberaber! Papa ist gestorben. Es war zu ausgedünnt. Das ist seine Aufgabe. Nun ist seine Aufgabe hinter den Dolden.

So, jetzt komm! Kommkomm, nimm endlich deine Ohrfeige zurück.

Selbstverständlich kann ein E dich schlagen, bis ins Z herunter, bis ins B herauf.

10. März 2010 12:29










Andreas H. Drescher

EFHARISTO 51 I VON II

Die Hände befriedet vor verzogenen Straßenecken. Gelockt und offen soso, hergegeben, rabiater eingeschlachtet selbst als jeder Metzgerladen. Der Apotheker stammt aus einer durchgezogenen Linie, vielleicht sogar aus zwei, aus einem X. Grapschend, wie es sich gehört, schräg vom Müll und eingeebnet wie nur er das kann. Die Angel sirrt als letztes Hundefutter, Händefutter. Ist das noch Thema? Ein Bonbon, auswärts sehr sauer. Aus sprachlicher Sicht: Sie stehen vorbei. Kreisender Rost. Von mit und mit gekommen. Auch ein saures Bonbon ruft nach seiner Quittung. Neugriechisch mutiert. Im Arsch der Unbezahlbarkeit. Nur noch die Blindheit Prospero. Bis in die Zunge, bis in die Geschmacksknospen hinein. Gealterte Geschmäcker. Altgriechisch verkrochen. Seit wie vielen Jahren sagst du das? Geil? Ehrlich? Jetzt? Am Wochenende noch legst du das Adverb flach? Genial! Ehrlich! Für immer im Rasieren muss gemein sein. Oder es wird besser. Durch den Poller des Themistokles. Ich hab mich schlapp gelacht. Dick muss es sein. Dick muss es sein so früh. Auch wenn die Straßenschilder fliegen. Verstehst du? Diskussionen, Diskussionen. Europa hat sich in die Zeushöhle verschwommen. Nun liegt sie auf dem Fischmarkt zwischen Dorschen. Weiß. Das trifft. Natürlich. Was heißt „Behindertenparkplatz“ nochmal auf Griechisch? Ganz gleich. Hauptsache mit dem Verband. Keine Preziosen. Ums Einrenken geht es, um sonst nichts. Nein, auch kein Zucker. Es ist das System. Bevor du dein Zeitalter verleihst, wasch erst mal dein Gesicht. Sicher, das reicht! Sososo lange es nicht nach Küche riecht… Vergiss den Blupp. So eine Affäre treibt sich selber an, kapiert? So überkrustet macht selbst die Parkbank nur noch zu auf zu. Wer? Na, die aufgeschrieben ist. Die Prinzessin bei der ersten Ankunft. Natürlich ist dein Haus auch unterwegs. Feuer in der Metzgerei. Daran vorbei gefahren. Oh, verdammt! Ein kurzer Pfiff und dann daran vorbei. Mit spitzen Lippen. Ja, warum! Na, dann sag du mir doch, wie ich noch breiter pfeifen soll! Gelbes Gesponsor aus. Zögernd, mundlang aufgepasst. Inklusive deiner Unterschrift. Dick wird das jetzt. Wer hat die Portugiesen an der Hand? Wer Spanien? Die Griechen doch! Lehnt sich der Krämer jetzt herüber. Und lernt „Süden“ neu zu buchstabieren. Was denn? Hunger? Ach, das Pack! Lasst uns lieber von der Sprache reden. Die ist es, die die Prinzessin schützt auf ihrer zweiten Fischerfahrt. Sie und ob sie wirkt. Schnell das Bonbon und die Maxime. Gestern erst war ich beim Metzger. Wer hat die Form und wer ist wer? Das fließt ab. Wohin? In seine vor-, vielleicht sogar in seine letzte Prophezeiung. Verzeihung. Nur Mama Europa knatscht als Dorsch auf dem Bonbon herum. Das ist kein Köder. Neinnein, das ist kein Köder. Der Milchgeruch und Fahrten. Alles klar? Das beult sich aus. Ja, jetzt am Montag. Ach, das wird nicht klarer. Fassen wir zusammen. Schritt vorüberaufundin den Gulli. Ach Philippika, ach, ach! Die Schmähung unsres Perikles beginnt jetzt im Discounter. Langsam! Der genuine Reflex ist diesmal nicht, dem Lästerhans den Diener mit der Lampe mitzugeben. Das ist neu, dass jeder aufschreibt, das er zu zahlen hat. Exorismem, EZB, erweitert um den Dorsch der Schuldner, Spiegel: Geber, Nehmer. Nun werden die Symptome auf der Kreuzung zelebriert. Gelöstes Kapital in einer Plastiktüte. Gelbe Rippen. Klirrende Ouzo-Gläser, groß und blind. Bei aller Durchsichtigkeit. Sagst du das? Nein? Dann sag das doch! Da haben wir es wieder: Es ist und bleibt ein sprachliches Problem. Altgriechisch, Neugriechisch… Ist beides nicht zu lesen. Moral und Schall, ok! Verzinst und reguliert. Ein Schild. Die Polizei. Durchsichtigkeit, ein Seitenweg ist schöner. Obwohl ich auch nicht glaube, das das lange hilft. Aber? Tatsächlich! Guck dir das mal an! Unglaublich. Dreck macht Speck. Patsch, ist der Patient gescheit. Mit einer einzigen Ohrfeige.

Was bleibt jetzt noch zu sagen?

Ausgespuckt und SCHLUSS.

8. März 2010 11:55










Andreas H. Drescher

Das warme und das kalte Gras 24

Fallendes Gras und die Geräusche der Sense sind an diesem Morgen die einzigen Lungen der Gegend, als der Schnee aus Westen keine Vermutungen mehr hatte und niederging ohne zu welken. “Verteert liegt das Meer,” fressen Unsrige in den Morgen, aber sie haben keinen Kopf, um ihre Augen zu kühlen.
Also lausche ich der Thermometersense hinterher, die sich anhört wie und die sich Lungenbläschen anhört, kristallines Exxon vor Galapagos, Quecksilberechsen als die letzten Straßenbauer über Ozeane. “Gehörst du uns?”, fragen sie vor der Mittagspause – und löffeln bereits zum Dessert Gemeinsamkeit.
Das Meer der Mittage erwidert: “Zuviel Falschmehl hängt am Himmel und keine Hoffnung auf den Sommer.” Wir entkernen perlende Tabletten, während die Herkunft der Strasse schweigend zu uns herübersieht, sich über den Schnee des Westens beugt und “Lehnt euch nicht nach vorn, es fehlt der Abstand zum Denken,” spricht.
So springt der Zeiger von Dessert auf Vorspeise zurück, von Dessert auf Vorspeise – und wir bleiben selbst im Teer noch Fischer. Lungenfischefischer, die den eingeperlten Schotter lustig aus den Netzen schütteln, die nach Kiemen Ausschau halten, um selbst Tanker damit zu bestücken. Aber Obacht! Tanker sind für ihre Denkfaulheit bekannt.
“Ist egal,” sagen sie und sitzen um ein Feuer auf der Strasse der Herkunft, während über ihnen die Luft aus schweren Kiemen atmet, aber kein Bäcker erscheint, um “Vorsicht,” zu flüstern, “es kommt ein Ball”. “Egal,” dreht der Wind am Bosporus, deine Tanker kommen nicht mehr und unsere Zeiger springen zurück auf Null.
Und wenn das Feuer die Straße selbst wäre? Und die Straße leergefischte Küsten? Wie hoch ragt der Kiementanker, um Null, um Eins, um Null? Wie hoch ragt er, um dir als Jason, um dir als Byron, um dir als Kemal einmal ist keinmal den Scheitel nachzuziehen? Der Ball als Kugel, als Klumpfuß, als Goldklump, also Gier, Gier und Gier?
“Von innen ist die Nacht grün und grasig,” schwimmt ein Halbsatz als Fackel aufs Meer, über Wellen und Wogen, verfängt sich am Leanderturm, die trübe Silhoutte im Regen. Liebe ist Wasser und fliesst fischlos von uns fort, noch ehe wir sie fassen. Weder Gelände noch mattierte Augen heben den Grund des Meeres, als einer von uns schreibt: “Endlich vor uns ein Archipel, aber kein Herz mehr, keine Augen.”
Geblendet von der Thermometersense, zu lange gefackelt. Wo Augen waren, ist jetzt nur noch Gras. Und wo Gras ist, macht es auf Gelände. Wer schiebt und schreibt das Archipel? Einer von uns, wer immer von uns einem. Wer von uns wirft die “Exxon Valdez” als Fisch ins Meer zurück? Vom Bligh-Riff bis Galapagos? Wir eins alle haben sie als “Dong Fang Ocean” zum Ozean selbst umgemustert.
“Keine Tiefsee, kein Thermometer, was hier schwimmt, trägt nicht mehr,” vermuten Unsrige, kippen einen Klaren und seilen sich vom Leuchtturm ab. Keine Dioden haben die Schädel im Angesicht, aber unsere Stirnen fixieren sie, so stumm werden die Gespräche, als senkte sich der Hauch der Vergangenheit auf unser Grab, das noch nicht mal gestorben war. Aber der Hauch, der ist schon da.
Bärtige Rapunzler am Grasseil ihres Abstiegs. Schädel, Quadratschädel, Kubikschädel. So hängen sie, diodenhell, als ihre eigenen Körbe da. Ein Knistern unter ihren Hintern. Sehr feines Fischmehl stäubt am Turm entlang. Lungenfischefischerlugen durch die Ritzen. Bäcker unter ihnen. Die warten schon, um sie in Papiertüten abzufüllen. Aber nicht ihr Hintern, sondern ihr Klumpfuß ist das Erste, was durch diesen Korb bricht.
Was wiegt ein Korb Klumpfüsse, wenn die Papiertüten der Vernunft versagen und stattdessen aus purer Verlegenheit Fischmehl in die Luft streuen, während die frühesten Bäcker die klügsten aller Werwölfe waren? “Kein Korn, das uns Mördern den Galgen versüsst, kein Schrot, das dir die Gespenster verjagt,” wärmt mich die Suppe toter Kinder, als wir zusammen um die Schädel sitzen, aber den toten Fischen die Antwort schulden.
“Hui, geht das hurtig!”, staunt der zweite Unsrige und schleppt die Klumpfußwaage aus dem Teer heran. Bäcker-Birnen, Bäcker-Bohnen, Bäcker-Speck hat er schon eingefrüht. Der Bart ist ab, das macht die Suppe meeren, lungenbläschenen. Mittag zu Mittag: “Deubel eins, wenn das mal nur keine Hanse wird.” Mittag zu Mittag: “Ach was, die Hanse hat sich lange selbst verklappt.” Ganz leises Sauggeräusch, dann Lazarus der Klippenfische.
Die Bärtigen sind in Überzahl, die Hanse schlägt fünf vor zwölf und die Suppe löffelt Lungenbläschen. “Kerben im Handknochen sind keine Lösung für die geopferten Bäcker,” ankert Lazarus auf der Insel, während sich die Lagune unmerklich gegen Mittag weiter nach Süden verschiebt. Unsrige hocken gefesselt auf einer vorgelagerten Sandbank, als ein überlebender Bäcker zu ihnen herüberwinkt.
Auf welchem Schiff steht er? Auf eben dem, das die Hintern der Unsrigen so fließend in den Teer der Sankband sunken lässt? Als ihre eigenen Vergangenheiten? Lazarus, Lazarus, warum hast du mich verlassen! Wer ersteht jetzt diesen Mittag auf? Das Magengrimmen nach dem Speck? Den Birnen und Bohnen? Hui, hui, das atmet schon Handknochen aus. Die Unsrigen reiben sich die Bäuche und lassen Steiße Steiße sein.
Die Trommeln der Taglöhner und die Schlagschnüre der Vertriebenen beenden unsere Vergangenheit und erwecken Paulus im Schalterraum der Hauptpost. Mit abgebundenen Gebeten hinken unterdessen Unsrige über die Insel und klagen: “Wer klebt uns das ausfallende Haar wieder an?” Wir verstehen aber nur “anschwellende Saar” und rühren weiter in der Suppe.
Das Klingen von Holz gegen Metall, verschleppt vom Schlick der Schiffbarkeit. Ein Kindersüppchen. Die eben ausgekratzte Stoppeln rein, Paulus als Sau, zwei Klumpfüße… Selbstverständlich darf auch Mehl nicht fehlen. Blupp! Die ersten Lungenbläschen steigen schluckaufauf – und unsre Unsrigen sitzen im Kreis darum herum, um einander seebärweise mit den Flossen anzustoßen und zu flüstern: “Guck doch mal! Das Meer!”
Kopernikus trinkt Kaba auf der Insel und vertäut unser Floss am falschen Elefanten, der die dicken Schichten des Tages verschläft, aber dem Floss eine zuverlässige Stütze ist. Aus getrockneten Salamandern basteln wir einen luftigen Baldachin und hängen frisch geschossene Tauben, gefrorene Plattfische und zwei Flaschen Mückengift rein. Die Vorhut ist der beste Schutz vor Überfremdung.
Kopernikus, mit Kaba-Mund: “Schlaf lappt aus dem Begriff der Überfremdung. Schwere Häute, immer ledriger und immer schwerer. Schließlich träumt der Klumpfuß tote Elefanten in lebendige Rhinozerosse um.” Dann macht Kopernikus sein Bäuerlein. Politisch korrekt auch das. Mit einer Hand vorm Mund und einem Daumen stibbend vor dem Solarprexus. Die Erdzentrierten denken sich derweil schon Strafen für ihn aus.
Straffreie Bereifungen kleben mir wie Kaba am Mund, während dein Halsbald langsam nachlässt und die polaren Perlen ins Taubenblut fallen. “Bitte heb meinen Mund auf und binde ihn wieder fest,” flüstere ich, aber keiner von uns will ins Blut fassen. Wir drehen uns um die Achse der Insel und sehen, wie Rhinozerosse Afrika abschieben, im Morgengrauen, im Nebel Amerikas.
Nebel und Raureif, Rauchreif, inselnd, frisch beperlt. Neben dir geht dein Mund her, summt: “Im Fluss, im Fluss.”, hat dabei jubilyrisch gleich zwei Mal sich selbst vergessen. Das ist in Eins eingeschwommen: Kaba, Saar und hohe See. Echo: “Ihhh Flhhh!” Ein wenig krächzend also, des Halsbandes wegen. Ein Halsband, dass den Tauben passt, muss den Rhinozerossen doch ein wenig eng sein.
“Zum zweiten Mal vergass ich die Anfangszeiten der Nacht,” dröhnt ein Bomber über Bosnien. Kollateraler Koriander. Das Logbuch schlägt die Seite zu. Wenn es Frühling wird um Mitternacht reicht die Save bis nach Sardinien, aber die Elche bleiben bilderlos im Norden. Die Stimme Amerikas führt die Save zur Tränke und ertränkt sie dann.
Mitternacht als Anfang der Nacht? Wie wäre das? Ist alles eine Sache der Umnachtungs-Abmachung. Logbuch geschlossen mit dem letzten Glockenschlag? Dann alles eingepackt: Trank, Save, Sardinien… Alles in die Sardinenbüchse voller Kugelfisch? Paulus souffliert Kopernikus: “Du weißt ja selbst: Fragment als Form und so…” Kopernikus nickt Kinderunterbruch bis später. Noch buntere Bälle äquilibrieren die Unsrigen.
Zuviele Glocken spielen Klavier. Wenn es Mitternacht schlägt, erklingt ein Geigenstrich, und die Tränke schliesst. Unsere Kinder spielen Fussball in Kairo, während wir zahnlos an einer Mauer lehnen in Islamabad und an sie denken. Wir haben uns an die glockenlose Luft gewöhnt, aber die Kinder fehlen uns. “Kopernikus, wir brechen auf nach Kythera. Uns ist einsam und dunkel im Herzen.”
Die Purpurform äquilibriert. Kollaterale Rhinozerosse: „Zur Strafe kommst du in die Perle, heiliger Kopernikus. Den Baldachin der Flossen über dir!“ Ihr Horn besteht aus anschwellenden Steißen, die sich am Bäckeraus der Hanse klippenfischen. „Schulden über Schulden! Und alles im Bäckerkorb!“ Drei kippende Galappagosse. Nein, nicht zwei: drei! Die Augen voller Bälle. Hinter der Null kommt bloß das Perlen wieder. Die Straße der Quecksilberechsen. Jetzt ist Sense.

5. Februar 2010 00:23










Andreas H. Drescher

Das warme und das kalte Gras 22

Fallendes Gras und die Geräusche der Sense sind an diesem Morgen die einzigen Lungen der Gegend, als der Schnee aus Westen keine Vermutungen mehr hatte und niederging ohne zu welken. “Verteert liegt das Meer,” fressen Unsrige in den Morgen, aber sie haben keinen Kopf, um ihre Augen zu kühlen.
Also lausche ich der Thermometersense hinterher, die sich anhört wie und die sich Lungenbläschen anhört, kristallines Exxon vor Galapagos, Quecksilberechsen als die letzten Straßenbauer über Ozeane. “Gehörst du uns?”, fragen sie vor der Mittagspause – und löffeln bereits zum Dessert Gemeinsamkeit.
Das Meer der Mittage erwidert: “Zuviel Falschmehl hängt am Himmel und keine Hoffnung auf den Sommer.” Wir entkernen perlende Tabletten, während die Herkunft der Strasse schweigend zu uns herübersieht, sich über den Schnee des Westens beugt und “Lehnt euch nicht nach vorn, es fehlt der Abstand zum Denken,” spricht.
So springt der Zeiger von Dessert auf Vorspeise zurück, von Dessert auf Vorspeise – und wir bleiben selbst im Teer noch Fischer. Lungenfischefischer, die den eingeperlten Schotter lustig aus den Netzen schütteln, die nach Kiemen Ausschau halten, um selbst Tanker damit zu bestücken. Aber Obacht! Tanker sind für ihre Denkfaulheit bekannt.
“Ist egal,” sagen sie und sitzen um ein Feuer auf der Strasse der Herkunft, während über ihnen die Luft aus schweren Kiemen atmet, aber kein Bäcker erscheint, um “Vorsicht,” zu flüstern, “es kommt ein Ball”. “Egal,” dreht der Wind am Bosporus, deine Tanker kommen nicht mehr und unsere Zeiger springen zurück auf Null.
Und wenn das Feuer die Straße selbst wäre? Und die Straße leergefischte Küsten? Wie hoch ragt der Kiementanker, um Null, um Eins, um Null? Wie hoch ragt er, um dir als Jason, um dir als Byron, um dir als Kemal einmal ist keinmal den Scheitel nachzuziehen? Der Ball als Kugel, als Klumpfuß, als Goldklump, also Gier, Gier und Gier?
“Von innen ist die Nacht grün und grasig,” schwimmt ein Halbsatz als Fackel aufs Meer, über Wellen und Wogen, verfängt sich am Leanderturm, die trübe Silhoutte im Regen. Liebe ist Wasser und fliesst fischlos von uns fort, noch ehe wir sie fassen. Weder Gelände noch mattierte Augen heben den Grund des Meeres, als einer von uns schreibt: “Endlich vor uns ein Archipel, aber kein Herz mehr, keine Augen.”
Geblendet von der Thermometersense, zu lange gefackelt. Wo Augen waren, ist jetzt nur noch Gras. Und wo Gras ist, macht es auf Gelände. Wer schiebt und schreibt das Archipel? Einer von uns, wer immer von uns einem. Wer von uns wirft die “Exxon Valdez” als Fisch ins Meer zurück? Vom Bligh-Riff bis Galapagos? Wir eins alle haben sie als “Dong Fang Ocean” zum Ozean selbst umgemustert.
“Keine Tiefsee, kein Thermometer, was hier schwimmt, trägt nicht mehr,” vermuten Unsrige, kippen einen Klaren und seilen sich vom Leuchtturm ab. Keine Dioden haben die Schädel im Angesicht, aber unsere Stirnen fixieren sie, so stumm werden die Gespräche, als senkte sich der Hauch der Vergangenheit auf unser Grab, das noch nicht mal gestorben war. Aber der Hauch, der ist schon da.
Bärtige Rapunzler am Grasseil ihres Abstiegs. Schädel, Quadratschädel, Kubikschädel. So hängen sie, diodenhell, als ihre eigenen Körbe da. Ein Knistern unter ihren Hintern. Sehr feines Fischmehl stäubt am Turm entlang. Lungenfischefischerlugen durch die Ritzen. Bäcker unter ihnen. Die warten schon, um sie in Papiertüten abzufüllen. Aber nicht ihr Hintern, sondern ihr Klumpfuß ist das Erste, was durch diesen Korb bricht.
Was wiegt ein Korb Klumpfüsse, wenn die Papiertüten der Vernunft versagen und stattdessen aus purer Verlegenheit Fischmehl in die Luft streuen, während die frühesten Bäcker die klügsten aller Werwölfe waren? “Kein Korn, das uns Mördern den Galgen versüsst, kein Schrot, das dir die Gespenster verjagt,” wärmt mich die Suppe toter Kinder, als wir zusammen um die Schädel sitzen, aber den toten Fischen die Antwort schulden.
“Hui, geht das hurtig!”, staunt der zweite Unsrige und schleppt die Klumpfußwaage aus dem Teer heran. Bäcker-Birnen, Bäcker-Bohnen, Bäcker-Speck hat er schon eingefrüht. Der Bart ist ab, das macht die Suppe meeren, lungenbläschenen. Mittag zu Mittag: “Deubel eins, wenn das mal nur keine Hanse wird.” Mittag zu Mittag: “Ach was, die Hanse hat sich lange selbst verklappt.” Ganz leises Sauggeräusch, dann Lazarus der Klippenfische.
Die Bärtigen sind in Überzahl, die Hanse schlägt fünf vor zwölf und die Suppe löffelt Lungenbläschen. “Kerben im Handknochen sind keine Lösung für die geopferten Bäcker,” ankert Lazarus auf der Insel, während sich die Lagune unmerklich gegen Mittag weiter nach Süden verschiebt. Unsrige hocken gefesselt auf einer vorgelagerten Sandbank, als ein überlebender Bäcker zu ihnen herüberwinkt.
Auf welchem Schiff steht er? Auf eben dem, das die Hintern der Unsrigen so fließend in den Teer der Sankband sunken lässt? Als ihre eigenen Vergangenheiten? Lazarus, Lazarus, warum hast du mich verlassen! Wer ersteht jetzt diesen Mittag auf? Das Magengrimmen nach dem Speck? Den Birnen und Bohnen? Hui, hui, das atmet schon Handknochen aus. Die Unsrigen reiben sich die Bäuche und lassen Steiße Steiße sein.
Die Trommeln der Taglöhner und die Schlagschnüre der Vertriebenen beenden unsere Vergangenheit und erwecken Paulus im Schalterraum der Hauptpost. Mit abgebundenen Gebeten hinken unterdessen Unsrige über die Insel und klagen: “Wer klebt uns das ausfallende Haar wieder an?” Wir verstehen aber nur “anschwellende Saar” und rühren weiter in der Suppe.
Das Klingen von Holz gegen Metall, verschleppt vom Schlick der Schiffbarkeit. Ein Kindersüppchen. Die eben ausgekratzte Stoppeln rein, Paulus als Sau, zwei Klumpfüße… Selbstverständlich darf auch Mehl nicht fehlen. Blupp! Die ersten Lungenbläschen steigen schluckaufauf – und unsre Unsrigen sitzen im Kreis darum herum, um einander seebärweise mit den Flossen anzustoßen und zu flüstern: “Guck doch mal! Das Meer!”
Kopernikus trinkt Kaba auf der Insel und vertäut unser Floss am falschen Elefanten, der die dicken Schichten des Tages verschläft, aber dem Floss eine zuverlässige Stütze ist. Aus getrockneten Salamandern basteln wir einen luftigen Baldachin und hängen frisch geschossene Tauben, gefrorene Plattfische und zwei Flaschen Mückengift rein. Die Vorhut ist der beste Schutz vor Überfremdung.
Kopernikus, mit Kaba-Mund: “Schlaf lappt aus dem Begriff der Überfremdung. Schwere Häute, immer ledriger und immer schwerer. Schließlich träumt der Klumpfuß tote Elefanten in lebendige Rhinozerosse um.” Dann macht Kopernikus sein Bäuerlein. Politisch korrekt auch das. Mit einer Hand vorm Mund und einem Daumen stibbend vor dem Solarprexus. Die Erdzentrierten denken sich derweil schon Strafen für ihn aus.
Straffreie Bereifungen kleben mir wie Kaba am Mund, während dein Halsbald langsam nachlässt und die polaren Perlen ins Taubenblut fallen. “Bitte heb meinen Mund auf und binde ihn wieder fest,” flüstere ich, aber keiner von uns will ins Blut fassen. Wir drehen uns um die Achse der Insel und sehen, wie Rhinozerosse Afrika abschieben, im Morgengrauen, im Nebel Amerikas.
Nebel und Raureif, Rauchreif, inselnd, frisch beperlt. Neben dir geht dein Mund her, summt: “Im Fluss, im Fluss.”, hat dabei jubilyrisch gleich zwei Mal sich selbst vergessen. Das ist in Eins eingeschwommen: Kaba, Saar und hohe See. Echo: “Ihhh Flhhh!” Ein wenig krächzend also, des Halsbandes wegen. Ein Halsband, dass den Tauben passt, muss den Rhinozerossen doch ein wenig eng sein.
“Zum zweiten Mal vergass ich die Anfangszeiten der Nacht,” dröhnt ein Bomber über Bosnien. Kollateraler Koreander. Das Logbuch schlägt die Seite zu. Wenn es Frühling wird um Mitternacht reicht die Save bis nach Sardinien, aber die Elche bleiben bilderlos im Norden. Die Stimme Amerikas führt die Save zur Tränke und ertränkt sie dann.
Mitternacht als Anfang der Nacht? Wie wäre das? Ist alles eine Sache der Umnachtungs-Abmachung. Logbuch geschlossen mit dem letzten Glockenschlag? Dann alles eingepackt: Trank, Save, Sardinien… Alles in die Sardinenbüchse voller Kugelfisch? Paulus souffliert Kopernikus: „Du weißt ja selbst: Fragment als Form und so…“ Kopernikus nickt Kinderunterbruch bis später. Noch buntere Bälle äquilibrieren die Unsrigen.

4. Februar 2010 18:28