Andreas Louis Seyerlein

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MELDUNG. Tief­see­e­le­fan­ten, 68 hupende Rüs­sel­ro­sen, kurz vor Lata­kia gesich­tet. Man befin­det sich in zir­ku­lie­ren­der Bewe­gung. – stop

> particles

25. März 2016 20:07










Tobias Schoofs

BRIEF

lieber herbert · jetzt ist alles
furchtbar ich höre nichts von dir
wir haben bald zweimal am tag
alarm da muss man laufen und

die stelle hab ich auch nicht mehr
ich muss jetzt in die produktion
zum steno bleibt da keine zeit
die einzige freude ist an dich

zu denken und die schönen tage
als du hier warst letztes jahr
am abend les ich alte briefe
und schreibe oft gedichte ab

20. März 2016 20:23










Christian Lorenz Müller

AUCH WENN

Auch wenn dieser Winter
kein richtiger Winter war:
Wie gut es doch tut
die Krawatte der Kälte
zu lockern, den Schal.
Plötzlich ist es nicht mehr nötig
die Dinge mit Handschuhen anzufassen,
ein Brückengeländer zum Beispiel
oder den Griff des Fahrradlenkers,
schwarzen Moosgummi,
der die Sonnenwärme ansaugt.

Die Symbiose, die die Reißverschlussseiten
miteinander eingegangen sind, löst sich auf;
Knöpfe finden den Weg
aus ihren Knopflöchern.
Hie und da bereits ein Rock,
der über die Knie gerutscht ist.
Blasse Beine schlanken
aufs frisch gekehrte Pflaster,
allein noch in den kalten Ecken
knirscht der Streusplitt
unter den Schuhen.

18. März 2016 09:59










Christian Lorenz Müller

KABBELIG ERSTARRTES

Wieder Regen. Salmans Schuhe
schmatzen durch den Schlamm,
er patscht durch Pfützen zu dem Stand
an dem es Obst und Käse gibt.

Seit gestern liegt Aisha,
sie isst nicht, trinkt nicht,
starrt auf jenen Strand
auf den der Schlauchboot-Wal sich warf.
Die Leute, die ins Wasser stürzten
schlugen um sich, Flossen,
als die Brandung sie zurück
ins Tiefe zog.

Und nun die Zelte:
Ein unabsehbar weites,
kabbelig erstarrtes Meer,
und drüben, an der Grenze,
zu Stacheldraht versteifter Gischt.

18. März 2016 09:56










Christine Kappe

die Nähe nicht ertragen
mich völlig
die Zeit nicht mehr wissen
haben halten?
im schwindenden Licht Türklinken und Pflaumen kaufen
extra für 2 Pflaumen
in so einen großen Supermarkt
das rächt sich nochmal

15. März 2016 07:00










Hans Thill

stark in Tel Aviv

14. März 2016 16:10










Christian Lorenz Müller

EIN GÜRTEL LUFT

Der Generator knattert Kopfweh,
Dieselnebel drückt auf Salmans Brust.
Die frische Luft verschwindet
in dem Wal, der dort am Strand
größer, immer größer wird.

Aisha hustet, hat ihr Kopftuch
vors Gesicht gezogen.
Sie will das Meer nicht sehen,
hat schon vorm flachen Tigriswasser
immer Angst gehabt.

Schwarz wühlen sich die Wellen
auf den Strand. „Die Westen“,
hat der Cousin geschrieben,
„Prüf die Qualität der Westen.“
Salman tut es, bohrt den Finger
in das Styropor: Bröselig, nicht fest.

Schnell springt er auf, sucht im Gebüsch
nach Plastikflaschen mit Verschluss.
Am Tigris banden sie als Kinder
ein knisternd-blaues Floß
und fuhren bis nach Mossul, Bagdad,
fuhren in den Ozean.
Nun spleißt er rasch ein altes Tau,
schnürt Coca-Cola, Efes, Sprite.

Dann schwankt Aisha auf den Strand,
die bojenrote Weste
um die Brust, den Gürtel Luft
schon um den Bauch.

9. März 2016 09:06










Hans Thill

lustig in Jerusalem

8. März 2016 22:20










Mathias Jeschke

Veauville

Erneut spiegeln wir uns im Himmel,
während wir auf wellenden Wegen gehn,
Bäume, Sträucher an den Rändern,
wie auf einer Radierung:
ein Pärchen Rotmilane, kreisend.

Beim Eintreten der Honigduft,
wie in jenem Imkerschuppen
vor Jahrzehnten: Hyazinthen.

Die meiste Zeit verbringen wir
mit dem Buch, unserer Fernbedienung,
in der Hand vor dem Feuerofen,
immer schon der bessere Fernseher.

Ich schlafe, wäre dies
das Haus eines berühmten Dichters,
im Sterbezimmer.

Die Puppengesichter in den Wänden,
zwei kindliche Buddhas, blicken auf uns
herab, wie die ertrunkenen Geschwister.

Der Gekreuzigte auf der Holztruhe.
Der Gekreuzigte an der Gartentür.
Der Gekreuzigte auf dem Ofensims.
Der Gekreuzigte im Schrank unter der Treppe.

Im Schlaf wischt meine Mutter
den Schlaf mir aus den Augen.

28. Februar 2016 22:15










Andreas Louis Seyerlein

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4.15 – In der ver­gan­ge­nen Nacht habe ich wie­der einmal das Käfer­wer­fen geübt. Fred Wesley & The JB’s Same Beat bei klirrender Kälte. Fol­gende Käfer habe ich aus dem Fens­ter gewor­fen: 2 bunte Klopfkäfer gegen Mit­ter­nacht, 5 Mari­en­kä­fer von 1 Uhr bis 1 Uhr 30, 1 belgischen Taumelkäfer um kurz nach 2, gegen 3 Uhr 1 schneeweißen Rosenkäfer, um vier Uhr 15 2 gepanzerte Johanniswürmchen. Jedwedes aus dem Fens­ter gewor­fe­ne Käferwesen war sofort wie­der zu mir zurück­ge­kehrt, ent­we­der weil es ein wei­te­res Mal in die Luft gewor­fen wer­den woll­te oder weil das Licht von mei­nen Zim­mern her so schön warm in der Dun­kel­heit leuch­tete. – stop

> particles

28. Februar 2016 16:03